Alfa Romeo und die elektrische Giulietta

Eine Koproduktion mit dem Kollektiv Wunderbaum und Tangente St. Pölten – Festival für Gegenwartskultur

Doch auf dem Weg in die grüne Zukunft muss sich die Familie erst noch ihrer unrühmlichen Vergangenheit stellen.

„Alfa Romeo und die elektrische Giulietta“ ist eine Stückentwicklung des Kollektivs Wunderbaum über die Geschichte einer reichen Auto-Dynastie am Beispiel des Familienunternehmens Alfa Romeo. Der italienische Autohersteller aus Mailand steht dabei stellvertretend für viele Unternehmen, die sich nicht mit ihrer Vergangenheit und ihrer Rolle im Faschismus auseinandergesetzt haben. Nach dem Bankrott des fossilen Verbrennungsmotors müssen sie aus den unterschiedlichsten Gründen nach einem modernen und „sauberen“ Image suchen. 2024 will Alfa Romeo immerhin sein erstes E-Auto auf den Markt bringen.

Das international erfolgreiche niederländische Schauspielerkollektiv Wunderbaum arbeitet mit „Alfa Romeo und die elektrische Giulietta“ zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder in Österreich. Es entzündet ein musiktheatrales Feuerwerk, bei dem sich die Grenzen der künstlerischen Genres auflösen und die Realitätsebenen zwischen Schauspieler und Rollen immer mehr verschwimmen. Dabei wird eine eigene, neue Kunstform für eines der großen Themen unserer Zeit entstehen.

Mit einem internationalen Ensemble aus dem niederländischen Kollektiv Wunderbaum, Ensemblemitgliedern des Landestheaters Niederösterreich sowie italienischen Schauspieler. 

Inszenierung: Wunderbaum, Bühne: Maarten van Otterdijk, Musik: Annelinde Bruijs, Dramaturgie: Thorben Meißner

Mit Tobias Artner, Walter Bart, Laura Laufenberg, Maartje Remmers, Marleen Scholten

Landestheater Niederösterreich Großes Haus: letzte Aufführung 17. 5. 2024

Die Physiker

von Friedrich Dürrenmatt. Eine Komödie in zwei Akten

Krimikomödie oder Agententhriller? Bereits zum zweiten Mal wird Inspektor Richard Voß ins „Les Ceriserie“, eine Klinik für Psychiatrie, gerufen. Vor einem halben Jahr wurde Schwester Dorothea mit einer Vorhangkordel erdrosselt aufgefunden. Diesmal muss er den Mord an Schwester Irene aufklären. Schnell wird klar, dass die Insassen, genannt Albert Einstein und Isaac Newton, ihre Pflegerinnen ermordet haben. Doch Frau Dr. von Zahnd, Chefärztin in der Psychiatrie, stellt sich schützend vor ihre Patienten. Je länger die Ermittlungen fortschreiten, umso groteskere Züge entwickelt der kriminalistische Fall: Hat Dr. von Zahnd die Kontrolle über ihre Patienten verloren? Warum behaupten die beiden Patienten, sie seien die weltberühmten Physiker Einstein und Newton? Was verbergen sie hinter ihren prominenten Namen und welche Rolle spielt dabei das Forschungsgebiet der Atomphysik? Als der Dritte im Bunde, ebenfalls ein Physiker namens Johann Wilhelm Möbius, behauptet, die Weltformel gefunden zu haben, mit deren Hilfe die ganze Erde vernichtet werden könne, wandelt sich der Krimiplot zum pointiert-politischen Kammerspiel.

Friedrich Dürrenmatts berühmtestes Stück entstand 1961 vor dem Hintergrund der atomaren Aufrüstung im Kalten Krieg. Seine Warnung vor dem Missbrauch wissenschaftlicher Erkenntnisse durch die Mächtigen und die Frage nach der Verantwortung der Naturwissenschaftler*innen erlangt auch in der heutigen angespannten weltpolitischen Situation zwischen Ost und West ungeahnte Relevanz. Zwischen politisch-moralischen Fragen und überbordend komödiantischen Szenen richtet Dürrenmatt seinen Appell an zukünftige Generationen: „Was alle angeht, können nur alle lösen.“ Die ungarische Regisseurin Kriszta Székely, die im Leitungsteam des renommierten Katona József Theaters in Budapest tätig ist und sich am Landestheater Niederösterreich mit ihrer bejubelten Inszenierung von „Drei Schwestern“ vorgestellt hat, wird mit ihrem Schauspiel-Ensemble das fragile Verhältnis zwischen Wissenschaft, Öffentlichkeit und Politik ins Heute transportieren.

Inszenierung: Kriszta Székely, Dramaturgie: Julia Engelmayer, Ármin Szabó-Székely

Boll / Frau Rose / Monika Settler: Caroline Baas; Newton: Bettina Kerl; Einstein: Lennart Preining; Möbius: Julian Tzschentke; Inspektor Voß: Michael Scherff; Missionar Rose / Pfleger / Polizist: Sven Kaschte; Dr. von Zahnd: Julia Kreusch

Landestheater Niederösterreich Großes Haus: letzte Aufführung 8. 6. 2024
Stadttheater Baden: 30. 8. 2024

Die Troerinnen

von Euripides

Übrig geblieben sind die Frauen. Sie stehen am Strand und warten auf ihr ungewisses Schicksal. Hekabe, Trojas Königin, ihre hellseherische Tochter Kassandra, die schöne Helena, nach deren Entführung aus Griechenland der sinnlose Krieg in Troja geführt wurde, und Andromache, die ihren kleinen Sohn sucht. Aber die Frauen beklagen nicht ihr eigenes Schicksal, sie klagen an: Sie berichten über die maßlose Zerstörung einer einstmals blühenden Stadt. Sind Auseinandersetzungen und Gewalt göttlicher Wille oder menschliches Versagen? Und wie überleben die nachkommenden Generationen? In seinem 400 Jahre vor Christus entstandenen Meisterwerk, das einen zentralen Stoff der griechischen Mythologie verhandelt, stellt Euripides die Sicht der Frauen ins Zentrum. Zehn Jahre belagern die Griechen Troja, eine Stadt an der Mittelmeerküste Asiens. Erst ein Täuschungsmanöver mit einem hölzernen Pferd, in dessen Bauch versteckt die griechischen Krieger durch die Festungsmauern eindringen können, verhilft den Griechen zum Sieg. Die Stadt mit ihren Tempeln und Palästen wird unter dem Schutt begraben.

Euripides’ Stück markiert erstmals in der Kulturgeschichte die Bruchlinie zwischen dem „fremden Osten“ und dem europäischen „Westen“, als dessen kulturelle Wiege Griechenland gilt. Die slowakische Regisseurin Sláva Daubnerová, die sich mit bildstarken Operninszenierungen und packenden Theaterabenden einen Namen gemacht hat, befragt mit ihrem Ensemble „Die Troerinnen“ auf ihren Gegenwartsbezug. Welche Spuren von Konflikten prägen sich tief in die Geschichte von Familien und Regionen ein? Wann endet ein Krieg wirklich, und was kommt danach?

Inszenierung: Sláva Daubnerová, Bühne und Video: Lugh Amber Wittig, Kostüme: Cedric Mpaka; Musik: Dalibor Kocian, Dramaturgie: Julia Engelmayer.

Helena: Laura Laufenberg; Andromache: Julia Kreusch; Kassandra: Caroline Baas; Talthybios: Julian Tzschentke; Menelaos: Sven Kaschte; Hekabe: Bettina Kerl

Landestheater Niederösterreich Großes Haus: letzte Aufführung 3. 5. 2024
Stadttheater Baden: 24. 4. 2024

Die größere Hoffnung

von Ilse Aichinger

„Das größere Abenteuer werde ich haben!“ Das jüdische Mädchen Ellen träumt davon, mit ihrer Mutter in die USA auszuwandern und die Freiheitsstatue zu sehen. In ihrer Heimat herrscht ein autoritäres Regime, in dem Menschen mit jüdischem Glauben „falsch“ sind und deshalb verfolgt werden. Doch Ellen erhält keine Reiseerlaubnis. Sie muss bei ihrer Großmutter bleiben, dort, wo jüdische Kinder einen Stern auf der Brust tragen. Drei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erscheint der einzige Roman der Wiener Schriftstellerin Ilse Aichinger, der aufgrund seiner neuen literarischen Form, den Nationalsozialismus aufzuarbeiten, große Aufmerksamkeit erregt. Es ist die autofiktionale Geschichte ihrer Jugend in Wien, während Aichingers Zwillingsschwester nach England emigrieren konnte. Mit der Kraft ihrer poetischen Sprache erzählt sie aus der Perspektive einer Jugendlichen, die klarsichtig und unerschütterlich an die Menschlichkeit glaubt. Je bedrohlicher die Situation für Ellen wird, umso hoffnungsvoller sind ihre Visionen von einem besseren Leben … 

Der Roman „Die größere Hoffnung“, der 1948 als Wiedergeburt der österreichischen Literatur gefeiert wurde und bis heute als Jahrhundertwerk gilt, wird am Landestheater Niederösterreich zum ersten Mal in einer Theaterfassung gezeigt. Regisseurin Sara Ostertag, die sich mit ihren bildstarken Inszenierungen im In- und Ausland einen Namen machte und am Landestheater u. a. für die Romane „Dunkelblum“ und „Der Zauberberg“ eine sinnlich-musikalische Bühnenübersetzung fand, wird „Die größere Hoffnung“ als Uraufführung mit Musik von Mira Lu Kovacs auf die Bühne bringen.

Inszenierung: Sara Ostertag, Bühne: Nanna Neudeck, Kostüme: Prisca Baumann, Chorleitung: Verena Giesinger, Dramaturgie: Julia Engelmayer

Mit Tobias Artner, Caroline Baas, Bettina Kerl, Mira Lu Kovacs, Julia Kreusch, Laura Laufenberg, Lennart Preining, Michael Scherff

Landestheater Niederösterreich Großes Haus: letzte Aufführung 2. 3. 2024
Stadttheater Baden: 3. 4. 2024

Der Prozess

von Franz Kafka

„Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne, dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.“ Mit diesem berühmten ersten Satz beginnt Franz Kafkas posthum veröffentlichter Roman über einen Mann, der sich gegenüber einer anonymen Gerichtsmacht behaupten muss. Der Prozess gegen Josef K. wird dabei ohne Nennung eines Verbrechens geführt, bis zuletzt steht er vor dem Rätsel, welcher Tat er beschuldigt wird. Die Unkenntnis der Anklage bewahrt ihn jedoch nicht davor, zunehmend mehr Zeit und Energie gegen das ominöse Gericht zu investieren. So verharrt Josef K. ein ganzes Jahr in Unklarheit und Angst. Denn die anonyme Macht will ihren Sieg.

Mit „Der Prozess“ hat Franz Kafka ein geheimnisvolles Vermächtnis geschaffen – einen Roman, der Unsicherheit zum Prinzip hat und dabei maßgeblich an der Prägung des Begriffs „kafkaesk“ beteiligt war. Der selbst juristisch ausgebildete Kafka stellt seinem Protagonisten Josef K. ein bedrohliches Rechtssystem gegenüber, dessen Vertreter anonym und allmächtig agieren. Über das knappe Jahrhundert seines Bestehens sind verschiedenste Weltsichten und Bedrohungsszenarien in den Roman hineingedeutet worden. Für das Landestheater Niederösterreich wird der junge Regisseur Jonathan Heidorn, der zuletzt das Epos „Parzival“ in der Bühne im Hof inszeniert hat, seine Version dieses großen und vielschichtigen Romans auf die Bühne bringen.

Inszenierung und Sounddesign: Jonathan Heidorn, Bühne und Kostüme: Thorben Schumüller, Dramaturgie: Thorben Meißner

Mit Caroline Baas, Michael Scherff, Julian Tzschentke, Lukas Walcher.

Landestheater Niederösterreich Theaterwerkstatt: letzte Aufführung 15. 3. 2024

Kasimir und Karoline

von Ödön von Horváth. Eine Koproduktion mit dem Grand Théâtre de la Ville de Luxembourg

In Horváths „Volksstück“ fliegt ein Zeppelin am wolkenlosen, blauen Himmel, er ist ein Symbol des Fortschritts und der grenzenlos weiten Welt. Darunter, in München, wird das Oktoberfest gefeiert. Während dort ausgelassene Fröhlichkeit und optimistische Lebensfreude herrschen, stehen die Sterne für das Liebespaar Kasimir und Karoline ungünstig: Kasimir hat seine Arbeit als Chauffeur verloren. Und weil das für ihn zu einer existenziellen Krise mit Statusverlust führt, schaut sich Karoline nach einem anderen um. Weil „wenn einer arbeitslos wird, die Liebe zu ihm nachlässt, und zwar automatisch.“ Im wilden Strudel des Volksfests, berauscht von Alkohol und dem Drang, etwas zu erleben, scheitern beide an ihren Erwartungen aneinander: „Man hat halt oft so eine Sehnsucht in sich – aber dann kehrt man zurück mit gebrochenen Flügeln und das Leben geht weiter, als wär’ man nie dabei gewesen.“

Horváths „Kasimir und Karoline“ ist angesiedelt in der von Armut und Wirtschaftskrise geprägten Zeit der untergehenden Weimarer Republik. Das Oktoberfest wird für seine Besucher*innen aus verschiedensten sozialen Klassen zum Tanz auf dem Vulkan. Aber in der Liebe gelten klare Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse, und so kann auf die Hoffnung nach gesellschaftlichem Aufstieg mit dem richtigen Partner schnell ein kolossaler Absturz folgen. Der Regisseur Moritz Franz Beichl, der in Hamburg, Göttingen und Wien arbeitet, inszeniert Horváths Klassiker als melancholisch-poetisches Sittenbild über zwei, deren Umstände sie immer weiter vom gemeinsamen Glück entfernen. 

Inszenierung: Moritz Franz Beichl, Bühne: Anouk Schiltz, Kostüme: Astrid Klein, Musik: Philipp Auer, Dramaturgie: Thorben Meißner.

Kasimir: Konstantin Rommelfangen; Karoline: Laura Laufenberg; Schürzinger: Tobias Artner; Der Merkl Franz: Lennart Preining; Erna: Jeanne Werner; Rauch: Michael Scherff; Speer: Simon Bauer; Troubadour: Philipp Auer

Landestheater Niederösterreich Großes Haus: letzte Aufführung 18. 1. 2024
Stadttheater Baden: 22. 11. 2023

Der Menschenfeind

von Molière

Alceste ist in die junge Witwe Célimène verliebt. Célimène ist lebenslustig, gesellig und liebt Partys. Alceste dagegen ist ein Einzelgänger, mag seine Mitmenschen nicht und ist lieber allein. Célimènes Freunde sind ihm zu eitel, oberflächlich und heuchlerisch. Das ist die Ausgangssituation einer komplizierten Liebesbeziehung mit all ihren Irrungen und Wirrungen.

Molière erschafft mit seiner Titelfigur Alceste einen seiner berühmtesten Charaktere, der auch autobiografische Züge trägt. Er zeichnet das Porträt eines starrköpfigen Querulanten, der mit nötiger Distanz genauso wie mit scharfem Witz auf die moralisch deformierte High Society blickt und sie heftig kritisiert. Alceste sieht überall Lügen und Verstellung, Täuschung und Intrigen. Als er ein Gedicht des selbstverliebten Höflings Oronte mit seiner offenen Kritik in Grund und Boden vernichtet, eskaliert die Situation.

„Die Tugend, derer die Gesellschaft bedarf, ist die Umgänglichkeit; zu viel Gesinnung kann durchaus tadelnswert sein; vollkommene Vernunft vermeidet alle extremen Einstellungen.“

Wie viel Ehrlichkeit und Moral kann man sich in der Politik und in der Kunst leisten? Wird man mit zu viel Prinzipienreiterei in der Liebe zum ewigen Single? Mit lustvoller Sprache und raffinierten Rededuellen entwickelt sich eine entlarvende Komödie über die philosophisch zeitlose Frage: Wieviel Wahrheit verträgt der Mensch? Der Regisseur und Schauspieler Dominic Oley ist ausgewiesener Experte für absurd-komödiantische Handlungen und Verhaltensweisen der menschlichen Spezies. Nach „Der große Diktator“ im Theater in der Josefstadt und „Der nackte Wahnsinn“ am Stadttheater Klagenfurt inszeniert er den „Menschenfeind“ mit viel Slapstick und Gespür für die poetisch-klarsichtige Sprache Molières.

Inszenierung: Dominic Oley, Bühne: Michael Köpke; Kostüme: Nicole von Graevenitz, Musik: Christian Frank, Dramaturgie: Julia Engelmayer.

Alceste: Julia Kreusch; Philinte, Arsinoe: Bettina Kerl; Celimene: Caroline Baas; Oronte, Clitandre: Julian Tzschentke; Eliante, Acaste: Tobias Voigt.

Landestheater Niederösterreich Großes Haus: letzte Aufführung 13.1. 2024

Pygmalion

Von George Bernard Shaw

Eliza Doolittle arbeitet als Blumenverkäuferin auf dem Markt. Mit losem Mundwerk und proletarischem Selbstbewusstsein ausgestattet, trifft sie auf den Phonetikprofessor Higgins. In seiner Profession erkennt sie die Chance zum gesellschaftlichen Aufstieg und bittet ihn um Sprechunterricht. Nach erstem Zögern beschließt Higgins, an Eliza ein Exempel zu statuieren. Er wettet mit seinem Kollegen Pickering, aus dem „Blumenmädchen“ eine Dame der Gesellschaft machen zu können. Voll Eifer nimmt er Eliza bei sich auf und beginnt, sie nach seinen Vorstellungen zu einem perfekt integrierten Wesen der Upper Class zu formen.

Aus heutiger Sicht liest sich „Pygmalion“ als Manifestierung des Diktums von Simone de Beauvoir, dass man nicht als Frau zur Welt kommt, sondern dazu gemacht wird, wobei das Stück die Geschlechterfrage mit Fragen von Klassenbewusstsein verbindet. Dieses „Gemacht werden“ ist auch Kern des dem Stück zugrunde liegenden Mythos aus Ovids „Metamorphosen“: Ein Künstler schafft aus Marmor die Statue einer Frau, der er verfällt, und die von der Göttin Venus zum Leben erweckt wird. George Bernard Shaws Parabel über sexistische Erwartungen an Frauen und über die Verachtung der oberen für die unteren Klassen wurde 1913 im Wiener Burgtheater uraufgeführt. Popkulturell verewigt und um eine Liebesgeschichte ergänzt, wird das Stück in den 1950er-Jahren durch das Musical „My Fair Lady“ neu erzählt.

Inszenierung: Ruth Brauer-Kvam; Bühne und Kostüme: Monika Rovan; Musik: Kyrre Kvam; Dramaturgie: Julia Engelmayer

Mit Tobias Artner, Caroline Baas, Tim Breyvogel, Marthe Lola Deutschmann, Julia Kreusch, Kyrre Kvam, Laura Laufenberg, Michael Scherff

Landestheater NÖ – Großes Haus: letzte Aufführung 31. Mai 2023
Zu Gast an der Bühne Baden: 30. August 2023

Am Beispiel der Kohlrabi – Wie können wir die Erde reparieren?

In Kooperation mit den zivilgesellschaftlichen Vereinen und engagierten Menschen Niederösterreichs. BÜRGER*INNENTHEATER. URAUFFÜHRUNG

Was würde passieren, wenn wir uns auf eine Zeitreise begeben und 200 Jahre in die Zukunft auf einen anderen Planeten reisen könnten? Wie würden wir auf unsere heutige Welt zurückschauen? Es wäre in etwa so, als würden wir von heute aus auf die Zeit des 19. Jahrhunderts blicken, als es weder Autos noch Flugzeuge gab und die Impfung gegen Tetanus noch nicht erfunden war. Trotzdem wurden schon zu Beginn der Industrialisierung die Mechanismen geschaffen, die zur Ausbeutung von Mensch und Natur führten. Werden die zukünftigen Generationen unser Verhalten als rückschrittlich und rücksichtslos gegen unsere Ressourcen verurteilen? Zahlreiche Protestbewegungen, bestehend aus Menschen aus allen Schichten der Gesellschaft, setzen sich für ein neues Verhältnis zu unserer Natur ein. Neben globalem Denken entsteht zeitgleich lokales Handeln. Das Theaterstück „Am Beispiel der Kohlrabi“ zeigt das Dilemma auf, dass wir heute kaum mehr ein Produkt konsumieren können, ohne dass es auch in größeren weltpolitischen Zusammenhängen entsteht, denn selbst der Samen eines lokalen, niederösterreichischen Kohlrabis wird in China produziert.

Inspiriert von Science-Fiction und utopischen Erzählungen, aber auch auf der Grundlage von Recherchen über lokales Engagement in Niederösterreich entsteht ein kaleidoskopartiges Stück mit dem Bürger*innentheater über die Rettung unseres Planeten, den einzigen Lebensraum, den wir haben.

Inszenierung: Nehle Dick

Landestheater NÖ – Theaterwerkstatt: Premiere 12. Mai 2023, 19:30 Uhr, letzte Aufführung 6. Juni 2023.

Oder der stillste Tag

von Alexandra Koch; ausgezeichnet und gefördert durch das Peter-Turrini-Dramatiker Stipendium des Landes Niederösterreich. URAUFFÜHRUNG

Seit 2012 vergibt das Land Niederösterreich in Zusammenarbeit mit dem Landestheater Niederösterreich biennal ein Arbeitsstipendium zur Förderung der zeitgenössischen Dramatik. Schirmherr und Namensgeber des Preises ist Peter Turrini, der zu den wichtigsten österreichischen Theaterautoren der Gegenwart zählt.

Erstmals wurden für das Stipendium 2022/23 neben deutschsprachigen Dramatiker auch internationale Autorinnen und Autoren nominiert. Unsere Kooperationspartner – DRAMA FORUM der uniT Graz und Drama Panorama Berlin – haben drei Autor und ein Kollektiv für den Preis empfohlen: Emanuele Giorgetti und Eliana Rotella und ihr Stück „Rhizome“ (Italien), Thyl Hanscho und sein Stück „Das Pfeifen von Wastéšowó“, Alexandra Koch und ihr Stück „oder der stillste Tag“ sowie Michaela Zakuťanská und ihr Stück „Alter“ (Slowakei).

Die jungen, aufstrebenden Regisseure Ebru Tartιcι Borchers, Rachel Müller, Lorenz Nolting und Sebastian Schimböck erarbeiten für das Stücke-Fest eine szenische Skizze der Theatertexte und eine Fach-Jury entscheidet über die Vergabe des Stipendiums. Das neue Stück wird in den folgenden Monaten fertiggestellt werden und von dem Regiepartner oder der Regiepartnerin im Mai 2023 in der Theaterwerkstatt uraufgeführt.

Mit Tobias Artner, Caroline Baas, Doris Hindinger, Sven Kaschte, Katharina Rose
Inszenierung Sebastian Schimböck; Bühne und Kostüme Leonie Kohut; Dramaturgie Thorben Meißner

Landestheater NÖ – Theaterwerkstatt: Premiere 6. Mai 2023, 19:30 Uhr, letzte Aufführung 10. Juni 2023.

Don Quijote von Miguel de Cervantes Saavedra

Eine Koproduktion mit den Vereinigten Bühnen Bozen, Italien und Panevėžio teatras „Menas“, Litauen.

Alle Macht der Fantasie! Don Alonso, ein durchschnittlicher Edelmann aus La Mancha, beschließt eines Tages, als fahrender Ritter in die Welt zu ziehen. Inspiriert durch die Lektüre von Ritterromanen nennt er sich fortan Don Quijote und übernimmt die Rolle des Kämpfers gegen das Böse und streitet für ein neues „Goldenes Zeitalter“. Gemeinsam mit seinem Knappen Sancho Panza sucht er das Abenteuer. Doch statt Heldentaten zu vollbringen, erleiden die beiden oft schmachvolle Niederlagen. In ihrer Vorstellung hingegen sind sie unbesiegbar, sie kämpfen gegen Zauberer, Dämonen und Ungeheuer. In der Realität sind ihre Gegner aber nicht die Riesen aus ihrer Fantasie, sondern normale spanische Windmühlen, die mit ihren Flügeln zurückschlagen.

Miguel de Cervantes Saavedra, selbst ein wilder Abenteurer, beginnt im Jahre 1605 den ersten Teil des Romans im Gefängnis zu schreiben. Bis heute ziehen uns die Abenteuer vom „Ritter von der traurigen Gestalt“ in ihren Bann. „Don Quijote“ ist eine Ikone der spanischen Literatur, ein Mythos der Abenteuerlust und Weltaneignung für alle Träumer*innen und Fantast*innen. Der junge Regisseur Nikolas Darnstädt entwickelt in seinen Arbeiten überraschende Bilderwelten, die in ihrer ästhetischen Überhöhung faszinieren. In seiner Theaterfassung stellt er die Kraft der Ideen, der Kreativität und der Fantasie gegen die Realität und ihre gesellschaftlichen Normen. Für die Inszenierung von „Don Quijote“ arbeitet er mit einem europäischen Ensemble aus Italien, Litauen und Österreich und in verschiedenen Sprachen.

Inszenierung: Nikolas Darnstädt; Bühne und Kostüme: Kollektiv CIAO NOW; Musik und Sounddesign: Lukas Darnstädt; Dramaturgie: Thorben Meißner

Mit Christoph Kail, Bettina Kerl, Sarah Merler, Lennart Preining u.a.

Landestheater NÖ – Theaterwerkstatt: letzte Aufführung 31. Mai 2023

Ein Volksfeind

von Henrik Ibsen

Was ist Wahrheit, was Lüge? Dieses Thema durchzieht das Lebenswerk von Henrik Ibsen. In „Ein Volksfeind“ analysiert der norwegische Dramatiker, wie eine Gesellschaft in der Krise mit der Wahrheit umgeht: Kurz vor der Eröffnung des neuen Thermalbades entdeckt der Kurarzt Dr. Stockmann krankheitserregende Keime im Heilwasser. Er informiert die Entscheidungsträger der Stadt aus Politik und Medien. Alle sind sich einig: Die Menschen müssen die Wahrheit über das durch eine Fabrik verschmutzte Wasser erfahren. Doch kurz vor Drucklegung der Zeitungsausgabe mit dem Aufmacher über den Umweltskandal dreht die Stimmung. Als die Stadtvorsteherin den Bürgerinnen und Bürgern droht, dass bei Schließung der Therme mit wirtschaftlichem Schaden und ausbleibendem Tourismus zu rechnen ist, ziehen sich die Verantwortlichen zurück. Die Gesundheitsgefährdung durch das verschmutzte Wasser wird kleingeredet und vertuscht, und der Kurarzt als Störenfried entlassen. Stockmann jedoch verteidigt seine Expertise mit allen Mitteln ...

Henrik Ibsens Drama aus dem Jahre 1882 stellt die Frage, wie wir in einer Welt, die im Sinne der Wachstumslogik regiert wird, mit der Wahrheit umgehen. Heute sind die drohenden Auswirkungen des Klimawandels bekannt, aber noch immer fehlt es am politischen Willen, um den verheerenden Folgen entgegenzuwirken. Welche Interessen blockieren die Gestaltung der Zukunft? Welche Werte halten unsere Gesellschaft zusammen? Die Regisseurin Anne Bader öffnet mit ihrer Inszenierung den gesellschaftspolitischen Resonanzraum des Stücks, um heutige Fragen zu unserem Verhältnis zu Klima, Natur und Nachhaltigkeit neu zu stellen.

Inszenierung: Anne Bader; Bühne: Franziska Bornkamm; Kostüme und Video: Ece Anisoglu; Musik: Matthias Schubert; Dramaturgie: Julia Engelmayer.

Mit Tobias Artner, Tim Breyvogel, Bettina Kerl, Laura Laufenberg, Tilman Rose, Michael Scherff

Landestheater NÖ – Großes Haus: letzte Aufführung 29. April 2023
Zu Gast an der Bühne Baden: 18. & 19. April 2023

Drei Schwestern

Von Anton Tschechow

Moskau! Moskau? Das ist gleichzeitig Geburts- und Sehnsuchtsort der drei Schwestern Olga, Mascha und Irina. Als Kinder sind sie mit ihrem Vater, einem Brigadekommandanten, und ihrem Bruder Andrej in eine kleine Garnisonsstadt gezogen. Nachdem der Vater verstorben ist, hält die Schwestern nichts mehr. Nur Andrej scheint in der ereignislosen Provinz glücklich zu sein. Er gilt als akademische Hoffnung und hat sich in Natascha, eine junge Frau aus der Umgebung, verliebt. Olga ist Lehrerin geworden und ist von ihren Schülerinnen genauso geplagt wie von ihren ständigen Kopfschmerzen. Mascha hingegen hat früh und enttäuschend geheiratet. Die jüngste Schwester Irina träumt davon, endlich etwas Sinnvolles zu tun. Die Schwestern hoffen auf ein besseres Leben, wenn sie nur endlich zurück nach Moskau zögen! So gleicht ihr Leben in der Provinz einem festen Provisorium. Statt zu handeln und Entscheidungen zu treffen, reden sie am liebsten von einer verheißungsvollen Zukunft oder von längst vergangenen Zeiten ihrer Kindheit in der Großstadt.

Tschechows Figuren sind Vertreter einer bürgerlichen Elite, deren Privilegien und humanistische Bildung nirgendwo hinführen. Angesiedelt in einer Zeitenwende am Ende des Russischen Zarenreichs stecken sie zwischen den Epochen fest und verlieren sich zwischen Resignation und Revolution. Die aufstrebende ungarische Regisseurin Kriszta Székely, die als Hausregisseurin am renommierten Budapester Theater Katona József arbeitet, sucht die Parallelen zum Zustand unserer Gesellschaft: Woher nehmen wir heute die Kraft, auf große gesellschaftliche Veränderungen zu reagieren? Sind Großstädte wie das historische Moskau, Paris oder London überhaupt noch „Sehnsuchtsorte“? Inwieweit sind wir genauso wie Tschechows Schwestern in unseren kleinen Leben gefangen, unfähig zu handeln und die Wirklichkeit zu ertragen.

Inszenierung: Kriszta Székely; Bühne: Eszter Kálmán; Kostüme: Dóra Pattantyus; Musik und Sounddesign: Flora Matisz; Dramaturgie: Ármin Szabó-Székely, Julia Engelmayer.

Mit Tobias Artner, Tim Breyvogel, Florian Carove, Marthe Lola Deutschmann, Bettina Kerl, Julia Kreusch, Laura Laufenberg, Lennart Preining, Michael Scherff u.a.

Landestheater NÖ – Großes Haus: letzte Aufführung 18. März 2023.
Zu Gast an der Bühne Baden: 31. Jänner & 1. Februar 2023.

Reigen von Arthur Schnitzler

In der Liebe zeigen sich Wahrheiten, die sonst verborgen bleiben. Intime Beziehungen offenbaren nicht nur Gefühle, sondern auch Machtverhältnisse und soziale Grenzen. In Arthur Schnitzlers „Reigen“ begegnen sich die Liebenden nur für die wenigen Minuten vor und nach dem Liebesakt, daraus entsteht ein ganzes Gesellschaftspanorama: Alle Figuren sind zugleich Verführer*innen und Verführte, Spieler*innen und Ausgetrickste. Aber es gelten nicht für alle dieselben Regeln. Dominanzdenken, Narzissmus und der Kampf der Geschlechter überschatten das Liebesgeflüster. In den Momenten der Lust zeigen sich plötzlich menschliche Abgründe, nach der Vereinigung wird das Trennende zelebriert. Und kurz nachdem die eine sich gerade ihre Kleider wieder angezogen hat und der andere dem Wunsch nach Treue Ausdruck verlieh, folgt das Stück einem der Partner*innen zum nächsten Rendezvous

Inszenierung: Franz-Xaver Mayr; Bühne und Kostüme: Korbinian Schmidt; Musik: Luiza Schulz Vazquez; Dramaturgie: Julia Engelmayer, Hans Mrak.

Mit Johanna Sophia Baader, Tim Breyvogel, Marthe Lola Deutschmann, Dorothee Hartinger, Sebastian Wendelin sowie Patricia Falk, Anna Golde, Jonas Graber, Nikolaus Lessky, Riccardo Pallotta, Luisa Schwab, Helena Vogel, Nora Wahl (Studierende der MUK – Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien).

Landestheater NÖ – Großes Haus: letzte Aufführung 17. Februar 2023

Der Talisman

von Johann Nepomuk Nestroy

Willkommen in einer Welt, die ihr Glück mehr vom Schein als vom Sein abhängig macht. Alle Menschen sollen mit gleichen Chancen auf die Welt kommen, doch auf dem Schloss von Cypressenburg herrschen eigene Regeln. Neben den Vorrechten von Geburt und Profession ist vor allem die Haarfarbe entscheidend für das Glück der Menschen. Ganz unten im sozialen Gefüge stehen die Rothaarigen. Während die Gänsemagd Salome Pockerl ihre morgensonnige Haarpracht mit Stolz verteidigt, leidet der ebenfalls rothaarige Titus Feuerfuchs unter der Ausgrenzung. Als ihm ein Zufall zu einer gesellschaftsfähigen Haarfarbe verhilft, packt er sein Schicksal beim Schopf. Es sieht so aus, als stünde dem gesellschaftlichen Aufstieg nichts mehr im Wege ...

Auf dem Zenit seiner Karriere veröffentlichte der Dramatiker und Theaterallrounder Johann Nepomuk Nestroy 1840 sein Meisterwerk „Der Talisman“ voll hinreißender Komik, witzesprühender Dialoge und messerscharfer Kritik an den Verhältnissen seiner Zeit. Das Regie-Duo und Theaterleiter-Pärchen des Wiener Bronski & Grünberg Theaters, Kaja Dymnicki und Alexander Pschill, bekannt für einen rasant-erzählerischen, witzig-klugen Inszenierungsstil, bringt die Komödie mit viel Musik und eigenen Couplets auf die Bühne.

Die Produktion steht auch als Silvestervorstellung für Sie auf dem Spielplan!

Inszenierung und Bühne: Alexander Pschill und Kaja Dymnicki; Kostüme: Lejla Ganic; Musik: Stefan Lasko; Dramaturgie: Julia Engelmayer.

Mit Caroline Baas, Florian Carove, Christian Dolezal, Doris Hindinger, Stefan Lasko, Laura Laufenberg, Boris Popovic, Michael Scherff

Landestheater NÖ – Großes Haus: letzte Aufführung 28. Jänner 2023.

Die Blendung

nach dem Roman von Elias Canetti In einer Dramatisierung von Paulus Hochgatterer

Bücher beherrschen die Welt des verschrobenen Wissenschaftlers und „größten lebenden Sinologen“ Peter Kien. Für die Realität hat Kien keinen Sinn, vielmehr führt er ein skurriles Höhlenleben in seiner Bibliothek von 25.000 Werken. In seinem Kopf treten die gelehrten Schriften miteinander in Dialog. Echte Gespräche mit anderen Menschen versucht er hingegen zu vermeiden. Eines Tages beobachtet er, wie sorgsam seine Haushälterin Therese mit seinen Büchern umgeht, und er beschließt spontan, sie zu heiraten. Doch schon am ersten Abend der Ehe bringt Therese beim Versuch, Kien zu verführen, seine Ordnung mit einer Handbewegung durcheinander. Hat sie mit Absicht den Stapel Bücher von seinem Schlafdiwan gestoßen? Kiens totalitäres Gedankengebäude gerät ins Wanken und sein System beginnt ins Chaos zu stürzen.

Unter dem Eindruck des aufkommenden Nationalsozialismus schrieb Elias Canetti seinen einzigen Roman „Die Blendung“, für den er Jahrzehnte später, 1981, den Nobelpreis erhielt. Der empathielose Peter Kien, die habgierige Therese, ihr brutaler Geliebter Pfaff, der Betrüger Fischerle, sie alle können als Zeitgenoss*innen des gesellschaftlichen Umbruchs in den 1930er-Jahren interpretiert werden. Kiens Geschichte ist aber auch die des heutigen westlichen Kapitalismus, für den wir bereit sind, große Kompromisse einzugehen, um den zerstörerischen Status quo aufrechtzuerhalten. Mit hoher Musikalität, den Mitteln der Groteske und dem einzigartigen Zusammenspiel von Schauspieler*innen und Puppen kreiert der vielfach ausgezeichnete Regisseur und Puppenspieler Nikolaus Habjan seine Theaterwelten. In seinen Inszenierungen beschäftigt er sich seit vielen Jahren künstlerisch mit der Zeitgeschichte Österreichs und mit totalitären Gesellschaftsstrukturen. Für die Dramatisierung von Canettis Roman konnte der renommierte Schriftsteller und Psychiater Paulus Hochgatterer gewonnen werden.

Inszenierung: Nikolaus Habjan; Bühne: Jakob Brossmann; Kostüme: Denise Heschl; Musik: Kyrre Kvam; Dramaturgie: Thorben Meißner

Mit Tim Breyvogel, Bettina Kerl, Julia Kreusch, Laura Laufenberg, Manuela Linshalm, Tilman Rose

Landestheater NÖ – Großes Haus: letzte Aufführung 13. Jänner 2023.
Zu Gast an der Bühne Baden: 22. & 23. November 2022

Herr Puntila und sein Knecht Matti

von Bertolt Brecht. Mit Musik von Paul Dessau

„Wir zeigen Euch heute Abend hier, ein gewisses vorzeitliches Tier, … auf Deutsch ‚Gutsbesitzer‘ genannt.“ Eine wahre Geschichte, erzählt von seiner Gastgeberin im finnischen Exil, inspirierte Bertolt Brecht 1940 zu seinem märchenhaften Volksstück. Der reiche Bauer Puntila ist im betrunkenen Zustand ein geselliger Menschenfreund, aber während seiner „Anfälle von Nüchternheit“ mutiert er zum Tyrannen, der willkürlich sein Personal beschimpft oder entlässt. Puntilas Tochter Eva versucht, ihm den Alkohol zu verbieten, und wird dadurch ebenfalls zum Spielball seiner despotischen Eskapaden. Als Puntila sie zu einer Heirat zwingen will, inszeniert sie mit dem Chauffeur Matti ein vorgebliches Liebesverhältnis, das die Herrschaftsverhältnisse auf dem Gutshof noch zuspitzt.

Die Wirren des Zweiten Weltkriegs stets im Bewusstsein und finnische Birkenwälder vor Augen verfasste Bertolt Brecht seine komödienhafte Parabel: „Über den Puntila kann ich fast alles schreiben, über den Krieg nichts.“ Notierte er in sein Tagebuch. Die von dem Philosophen Hegel beschriebene dialektische Abhängigkeit von Herrn und Knecht führt nach Brechts Interpretation zu einer gemeinsamen Verantwortung aller Beteiligten für eine gerechtere Gesellschaft.

In der Tradition von Brechts Theaterpraxis inszeniert die Regisseurin und Schauspielerin Ruth Brauer-Kvam mit viel szenischem Humor und Live-Musik eine lustvolle Selbstermächtigung der Figuren. In der letzten Spielzeit hat sie mit großem Erfolg bei Publikum und Presse „Molières Schule der Frauen“ auf die Bühne des Landestheaters Niederösterreich gebracht.

Inszenierung: Ruth Brauer-Kvam; Bühne: Monika Rovan; Kostüme: Ursula Gaisböck; Musikalische Leitung: Kyrre Kvam.

Mit Tobias Artner, Tim Breyvogel, Marthe Lola Deutschmann, Philip Leonhard Kelz, Laura Laufenberg, Tilman Rose, Michael Scherff, Miloš Todorovski (Akkordeon).

Landestheater St. Pölten – Großes Haus: letzte Aufführung 12. März 2022
Zu Gast an der Bühne Baden Di 24.05.22, 19:30 und Mi 25.05.22, 11:00 und 19:30

Schwarzes Meer

von Irina Kastrinidis. Uraufführung!

Die leuchtende Farbkraft des Meeres, der Wind, die Sonne, der ewig blaue Himmel und die Gerüche des Südens erfüllen die Atmosphäre, die dem Erzählfluss von „Schwarzes Meer“ innewohnt. Irina Kastrinidis, die in Zürich lebende Autorin und Schauspielerin mit griechischen Wurzeln, „spielt“ in ihrem vielstimmigen Monolog mit dem Versmaß eines antiken Epos, verwebt Zeit- und Erzählebenen mit antiken Mythen und findet dabei einen ganz eigenen, zeitgemäßen Ausdruck.

Irina Kastrinidis erzählt von menschlichen Schicksalen, von einem dunklen Kapitel der europäischen Geschichte. Sie schickt in ihrem Theatertext die junge Frau Elefteria auf die Spuren ihrer Herkunft, zurück in die 1920er Jahre in die Küstenregion des Schwarzen Meeres, des Pontos. Im Griechisch-Türkischen Krieg wurden bis 1923 die Pontosgriechen ermordet oder zwangsdeportiert. Heute leben Elefterias Verwandte im Exil in ganz Europa verstreut: „Adressen ungewiss“.

In dieser weiblichen Odyssee quer durch Europa steht vor dem Hintergrund der politisch aufgeladenen Vergangenheit eine Liebesgeschichte im Zentrum: Mit Achilleas erlebt Elefteria eine tiefe Liebe und einen großen Sommer der Leidenschaft, bis sie mit einem anderen Paar zu viert am Strand sitzen, ein Machtkampf sich entzündet und eine Tragödie ihren Anfang nimmt …

Die Uraufführung von „Schwarzes Meer“ inszeniert der deutsche Regisseur Frank Castorf. Als langjähriger Intendant der Berliner Volksühne wurde er mit seinen Regiearbeiten zu einem der einflussreichsten und stilprägenden Theaterregisseure der Gegenwart. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, wie den Nestroypreis für sein Lebenswerk. Im vergangenen Jahr arbeitete er u.a. für das Wiener Burgtheater und die Staatsopern Wien und München.

Inszenierung: Frank Castorf; Bühne: Aleksandar Denić; Kostüme: Adriana Braga Peretzki.

Mit Julia Kreusch, Mikis Kastrinidis, Sebastian Schimböck

Landestheater St. Pölten – Großes Haus: letzte Aufführung 22. März 2022

Die Blendung - Abgesagt

nach dem Roman von Elias Canetti In einer Dramatisierung von Paulus Hochgatterer.

Bücher beherrschen die Welt des verschrobenen Wissenschaftlers und „größten lebenden Sinologen“ Peter Kien. Für die Realität hat Kien keinen Sinn, vielmehr führt er ein skurriles Höhlenleben in seiner Bibliothek von 25.000 Werken. In seinem Kopf treten die gelehrten Schriften miteinander in Dialog. Echte Gespräche mit anderen Menschen versucht er hingegen zu vermeiden. Eines Tages beobachtet er, wie sorgsam seine Haushälterin Therese mit seinen Büchern umgeht, und er beschließt spontan, sie zu heiraten. Doch schon am ersten Abend der Ehe bringt Therese beim Versuch, Kien zu verführen, seine Ordnung mit einer Handbewegung durcheinander. Hat sie mit Absicht den Stapel Bücher vom seinem Schlafdiwan gestoßen? Kiens totalitäres Gedankengebäude gerät ins Wanken und sein System beginnt ins Chaos zu stürzen.

Unter dem Eindruck des aufkommenden Nationalsozialismus schrieb Elias Canetti seinen einzigen Roman „Die Blendung“, für den er Jahrzehnte später 1981 den Nobelpreis erhielt. Der empathielose Peter Kien, die habgierige Therese, ihr brutaler Geliebter Pfaff, der Betrüger Fischerle, sie alle können als Zeitgenossen und Zeitgenossinnen des gesellschaftlichen Umbruchs in den 1930er Jahren interpretiert werden. Kiens Geschichte ist aber auch die des heutigen westlichen Kapitalismus, für den wir bereit sind, große Kompromisse einzugehen, um den zerstörerischen Status quo aufrechtzuerhalten.

Mit hoher Musikalität, den Mitteln der Groteske und dem einzigartigen Zusammenspiel von Schauspieler und Schauspielerinnen und Puppen kreiert der vielfach ausgezeichnete Regisseur und Puppenspieler Nikolaus Habjan seine Theaterwelten. In seinen Inszenierungen beschäftigt er sich seit vielen Jahren künstlerisch mit der Zeitgeschichte Österreichs und mit totalitären Gesellschaftsstrukturen. Für die Dramatisierung von Canettis Roman konnte der renommierte Schriftsteller und Psychiater Paulus Hochgatterer gewonnen werden.

Inszenierung: Nikolaus Habjan; Bühne: Jakob Brossmann; Kostüme: Denise Heschl; Musik: Kyrre Kvam.

Mit Tim Breyvogel, Bettina Kerl, Julia Kreusch, Laura Laufenberg, Manuela Linshalm, Tilman Rose u.a.

Landestheater St. Pölten – Großes Haus: Premiere  5. März 2022; letzte Aufführung 12. Mai 2022
Zu Gast an der Bühne Baden: Di 24.05.22 und Mi 25.05.22, 19:30

Vertrag von Marie Rötzer verlängert

Das Landestheater Niederösterreich verlängert den Vertrag von Marie Rötzer, der künstlerischen Leiterin bis Juni 2028 und unterstreicht mit dieser Entscheidung den erfolgreichen Weg ihrer Arbeit für das Haus.

Marie Rötzer ist seit der Spielzeit 2016/17 künstlerische Leiterin des Landestheaters Niederösterreich in St. Pölten. Das Haus hat sich mit seinem ausgezeichneten Ensemble, prominenten Gästen und internationalen Leading Teams, Ur- und Erstaufführungen, Gastspielen renommierter deutschsprachiger Bühnen wie dem Thalia Theater Hamburg, dem Schauspielhaus Zürich oder dem Berliner Ensemble, mehrsprachigen Koproduktionen z.B. mit dem NTGent oder dem Toneelhuis Antwerpen, sowie zahlreichen partizipativen Formaten, wie dem „Erinnerungsbüro“ oder dem Bürgertheater, innerhalb der europäischen Theaterlandschaft zu einer namhaften und festen Größe entwickelt. Einladungen zu internationalen Festivals wie „Radikal jung“ in München sowie drei Nestroy-Preise und Auszeichnungen im Bereich Theater für ein junges Publikum sind eine sichtbare Anerkennung der Arbeit von Marie Rötzer, die auch in der nationalen und internationalen Presse breite und positive Resonanz findet.

In der Spielzeit 2018/19, der letzten Spielzeit vor der Corona-Pandemie, konnten die höchsten Besucherzahlen seit Bestehen des Landestheaters Niederösterreich erreicht werden. In der aktuellen noch jungen Spielzeit sind mit „Yellow“, einer internationalen Koproduktion mit dem NTGent in der Regie von Luk Perceval, Thomas Manns „Der Zauberberg“ in der Regie von Sara Ostertag – einer internationalen Koproduktion mit dem Grand Théâtre de la Ville de Luxemburg – und Shakespeares „Othello“ in der Regie von Rikki Henry, einer Inszenierung, der eben ein großer Bericht in der New York Times in der U.S. Ausgabe und der internationalen Ausgabe sowie auch online gewidmet war sowie dem Familienstück „Das kleine Gespenst“ in der Regie von Asli Kislal, erfolgreich vier Premieren vor dem neuerlichen Lockdown gelungen.

In der aktuellen Spielzeit finden sich im Großen Haus des weiteren noch Regiearbeiten von Frank Castorf („Schwarzes Meer“ von Irina Kastrinidis, Uraufführung 29.01.22), Nikolaus Habjan („Die Blendung“ von Elias Canetti, in einer Fassung von Paulus Hochgatterer, Premiere 05.03.22), Ruth Brauer-Kvam („Herr Puntila und sein Knecht Matti“ von Bertolt Brecht, Premiere im Jänner 22), Alexander Pschill und Kaja Dymnicki („Der Talisman“ von Johann Nepomuk Nestroy, Premiere 20.05.22), sowie Gastspiele und Lesungen und mit „1922 – 2022 Frauenleben in Niederösterreich“ ein Bürgertheaterprojekt im Rahmen von 100 Jahre Niederösterreich (Uraufführung 22.04.22).

Marie Rötzers aktueller Vertrag läuft bis Ende Juni 2023, jetzt wurde eine Vertragsverlängerung um weitere 5 Jahre bis Juni 2028 vereinbart.

„Ich freue mich sehr, unsere künstlerischen Linien auch in den nächsten Spielzeiten weiterverfolgen und weiterentwickeln zu können. Das Landestheater Niederösterreich wird sich weiterhin in die sozialen, gesellschafts- und umweltpolitischen Diskurse unserer Gegenwart einmischen. Es wird auch zukünftig ein Haus sein, dass zum einen mit internationalen Künstlerteams und Theaterhäusern zusammenarbeitet und zum anderen mit der lokalen Kulturszene verbunden ist. Durch die Pandemie sind aber auch viele gesellschaftliche Themen neu zu definieren. So wollen wir an einem Theater der Zukunft arbeiten, das sich den neuen Herausforderungen stellen wird, und hoffe dabei auf ein Publikum, das weiter so neugierig und offen an unseren künstlerischen Prozessen teilnimmt.“ Marie Rötzer, Künstlerische Leiterin Landestheater Niederösterreich.

„Ich freue mich sehr, dass Marie Rötzer weiterhin die Geschicke des Landestheaters Niederösterreich künstlerisch leiten wird. Ihr ist es hervorragend gelungen das Haus national und international zu positionieren und damit ein starkes Zeichen für das kulturelle Potential Niederösterreichs zu setzen. Nestroy-Preise, Auszeichnungen und Nominierungen für das Kinder- und Jugendtheater, Einladungen zu internationalen Festivals, nationale und internationale Medienresonanz, wie jüngst ein großer Bericht in allen Ausgaben der New York Times, bestätigen den Weg des Hauses. Marie Rötzer hat das Landestheater Niederösterreich als kulturellen Leuchtturm etabliert und dabei mit ihrem Spielplan sowie zahlreichen Formaten und niederschwelligen Angeboten die Rolle des Hauses als regionaler Kulturversorger, auch im Bereich des Theaters für ein junges Publikum, ausgebaut. Ich wünsche Marie Rötzer und ihrem Team weiterhin viel Erfolg und Kreativität für die Herausforderungen, die die Zukunft im Hinblick auf die Bewältigung der Corona Pandemie sowie auf die Themen Nachhaltigkeit und gesellschaftlicher Wandel noch bringen wird.“ Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner.

„Ich freue mich persönlich sehr über die Verlängerung des Vertrages der künstlerischen Leiterin des Landestheaters Niederösterreich, weil damit eine in den letzten Jahren begonnene engagierte Theaterarbeit konsequent fortgesetzt werden kann. Davon zeugen: Ein junges Ensemble voller Tatendrang, das sich nicht nur im Theater präsentiert, sondern auch in der Stadt präsent ist. Dazu kommt eine Stückauswahl, die den schauspielerischen Qualitäten des Ensembles optimal entgegenkommt und junge internationale Regisseurinnen und Regisseure, die auch in klassischen Stücken aktuelle gesellschaftsrelevante Themen zu finden verstehen. Viele Auszeichnungen der letzten Jahre sprechen für sich! Dass die renommierte New York Times neulich eine mehr als positive Kritik über ein Stück des St. Pöltner Theaters veröffentlichte, adelt die Arbeit Marie Rötzers auf ganz besondere Art und Weise. Chapeau und weitere erfolgreiche Jahre hier in der Nachbarschaft auf dem Rathausplatz in St. Pölten.“ Matthias Stadler, Bürgermeister der Landeshauptstadt St. Pölten.

„Marie Rötzer hat das Landestheater Niederösterreich sowohl in Österreich als auch über die Landesgrenzen hinaus als eines der renommiertesten deutschen Sprechtheater positioniert, dessen Programm vom Publikum begeistert aufgenommen wird. Zudem wird das Landestheater Niederösterreich unter ihrer Leitung seine Position als Kompetenzzentrum für Kinder- und Jugendtheater in Niederösterreich weiter ausbauen und dabei vor allem die Entwicklung des Theaters für junges Publikum in Baden und Wiener Neustadt fördern.“ Paul Gessl, Geschäftsführer der NÖKU-Gruppe.

„Marie Rötzer bleibt noch viele Jahre bei uns, das ist eine große Freude. Ihre Qualitäten in der Intendanz unseres Landestheaters sind exzellent. Durchwegs hervorragende Eigenproduktionen, gewürdigt mit drei Nestroy-Auszeichnungen und der Blick über den Tellerrand mit interessanten Gastspielaufführungen. Ihre Umsicht, während der Lockdown- Phasen zeugt von besonderer Führungsqualität. Für unseren Kulturverein hatte sie stets Wertschätzung gezeigt, so freuen sich alle auf wieder charmante Begegnungen und Diskussionen mit Marie Rötzer und ich wünsche ihr, dass wir 200 Jahre Theater in St. Pölten mit ihr nachfeiern können.“ Lothar Fiedler, Präsident des Vereins der Freunde der Kultur St. Pölten.

Marie Rötzer, geboren in Niederösterreich, studierte in Wien Theaterwissenschaft und Germanistik. Während ihres Studiums war sie am damaligen Stadttheater St. Pölten als Dramaturgin engagiert. 1996 reiste sie in die Ukraine und arbeitete dort als Lektorin an der Universität Czernowitz. 1997 wurde sie in Berlin am Maxim-Gorki-Theater als Dramaturgie Assistentin und später als Dramaturgin engagiert.

2001 wechselte sie als Dramaturgin, dann als Chefdramaturgin ans Schauspielhaus Graz. Ab 2006 arbeitete sie im Team von Intendant Matthias Fontheim als Chefdramaturgin am Staatstheater Mainz. Neben ihrer Tätigkeit als Dramaturgin war sie an der Uni Mainz als Lehrbeauftragte und bei der Theaterbiennale „Neue Stücke aus Europa“ als Kuratorin engagiert. Von Dezember 2012 bis Juni 2015 war Marie Rötzer persönliche Referentin des Intendanten Joachim Lux am Thalia Theater in Hamburg. Seit der Spielzeit 2016/17 ist sie künstlerische Leiterin des Landestheaters Niederösterreich in St. Pölten. Marie Rötzer ist zudem Sprecherin der „Österreichischen Intendantengruppe“ der Intendantinnen und Intendanten der Theater der Bundesländer in Österreich.

Ein Volksfeind oder das ringen um Wahrheit

nach Henrik Ibsen.

Was ist Wahrheit? Dieses Thema durchzieht das Lebenswerk von Henrik Ibsen. In „Ein Volksfeind“ analysiert der norwegische Dramatiker, ähnlich einer systemischen Familienaufstellung, wie eine Gesellschaft in einer Krise mit der Wahrheit umgeht: Der Kurarzt Dr. Stockmann entdeckt im Heilwasser des kurz vor der Eröffnung stehenden Thermalbades krankheitserregende Mikroorganismen. Einflussreiche Bürger werden informiert und die Stadtzeitung bereitet den Aufmacher vor. Alle sind sich einig: Die Menschen müssen die Wahrheit über das durch eine Fabrik verschmutzte Wasser erfahren. Doch kurz vor Drucklegung dreht sich die Stimmung. Als Stockmanns Bruder, der Stadtvorstand des Ortes, die Bürger auf den wirtschaftlichen Verlust und den ausbleibenden Tourismus hinweist, ziehen sich die Verantwortlichen zurück und versuchen den Umweltskandal zu vertuschen. Doch Stockmann hat längst Größeres im Sinn…

Ibsens Drama aus dem Jahre 1882 stellt die Frage, inwieweit die Wahrheit innerhalb einer durchökonomisierten Welt eine Chance hat. 2020 hat uns das Corona-Virus dazu gebracht, unsere gesellschaftlichen Werte neu zu verhandeln: Was verstehen wir unter Wahrheit? Was hält unsere Demokratie zusammen? Der Ausbruch der Pandemie verschärfte die Diskrepanz zwischen politischer Verantwortung und persönlichen Freiheitsrechten, Wirtschaft und Klimaschutz, Tourismus und Gesundheit. Im Rahmen der Inszenierung der Regisseurin Anne Bader wollen wir gemeinsam mit Ihnen diese Fragen mit Experten und gesellschaftlichen Akteuren weiter diskutieren. Ein Theater-Happening aus Schauspiel und Diskurs, das den Austausch wieder möglich machen will, um gemeinsam die „beste aller Welten“ zu gestalten.

Inszenierung: Anna Bader; Bühne: Franziska Bornkamm; Kostüme und Video: Ece Anisoglu; Musik: Matthias Schubert.

Mit Tobias Artner, Tim Breyvogel, Bettina Kerl, Laura Laufenberg, Tilman Rose, Michael Scherff.

Landestheater St. Pölten – Großes Haus: Premiere 22. Jänner 2022; letzte Aufführung 30. 4. 2022

Othello

von William Shakespeare

Wer ist Othello? Ein gefeierter Volksheld, der mehrere Seeschlachten für die Republik Venedig gewonnen hat? Ein siegreicher General, der mit strategischem Kalkül Venedigs Stellung als europäische Handelsmacht zwischen Ost und West festigen konnte? Oder nur ein Eindringling, der sich geschickt Zutritt zur venezianischen Oberschicht verschafft hat? Als Othello die Senatorentochter Desdemona heimlich zur Frau nimmt, wird aus verdeckten Ressentiments offener Rassismus.

Othello ist nun „the moor, the thicklips“. In der streng hierarchischen Männergesellschaft wird er zur Projektionsfläche für Neider und zur Zielscheibe für Missgunst und Hass gegen alles Fremde. Ohne sein Wissen schafft er sich Feinde, im privaten wie im beruflichen Umfeld. Die Liebe zu Desdemona bringt Othellos Nebenbuhler Rodrigo gegen ihn auf. Jago, sein Fähnrich, fühlt sich übergangen, da Othello einen Mitbewerber zum Leutnant befördert hat. Jago will Rache. Als Othello auf Zypern das venezianische Militär anführt, um den Angriff der Türken abzuwehren, gelingt es Jago, ein perfides Netz aus Fake News, Lügen und Intrigen zu spinnen. Er sät Zweifel an Desdemonas Treue und treibt damit Othello bis zum Äußersten.

„Othello“, 1603 entstanden, ist eine große Rachetragödie und hochemotionales Eifersuchtsdrama zugleich. Es geht um rassistische Stereotype, gesellschaftliche Vorurteile, archaische Männlichkeitsbilder und um die Zerbrechlichkeit einer Liebe. Für seine Inszenierung von „Hamlet“ am Landestheater Niederösterreich wurde der junge Londoner Regisseur Rikki Henry mit dem Nestroypreis ausgezeichnet. Mit „Othello“ setzt er seine Auseinandersetzung mit dem Shakespeare’schen Werk und einer zeitgenössischen und atmosphärischen Inszenierungsästhetik fort.

Inszenierung: Rikki Henry; Bühne: Anna Sörensen, Leonie Kohut; Kostüme: Henriette Müller; Musik: Nils Strunk; Video: Markus Kautz; Choreografie: Martin Woldan.

Mit Tim Breyvogel, Marthe Lola Deutschmann, Philip Leonhard Kelz, Bettina Kerl, Laura Laufenberg, Nicholas Monu, Tilman Rose, Michael Scherff.

Landestheater St. Pölten – Großes Haus: letzte Aufführung 4. Dezember 2021
Zu Gast an der Bühne Baden Di 21.12.21, 19:30 und Mi 22.12.21, 11:00 und 19:30

YELLOW – The Sorrows of Belgium II: REX

von Peter van Kraaij, Steven Heene und Margit Niederhuber. URAUFFÜHRUNG!

Eine Koproduktion mit dem NTGent und dem Theater Manège Maubeuge.

1933–1936. In Österreich herrscht der Austrofaschismus. In Deutschland wollen die Nationalsozialisten die Grenzen des Landes verschieben. Belgische Politiker, wie Léon Degrelle, gründeten faschistische Parteien und überzeugten viele junge Wallonen und Flamen im Zweiten Weltkrieg auf Seiten der Nazis zu kämpfen. In „Yellow“ engagiert sich eine flämische Familie mit großer Begeisterung für Hitler. Nur ein Onkel steht außerhalb dieser Ideologie und versucht, einer aus Wien geflohenen jüdischen Frau zu helfen. Nach und nach kommen innerhalb der Familie Zweifel gegenüber dem Nationalsozialismus auf. Viele andere haben sich nie ihrer Verantwortung gestellt. Wie der österreichische SS-Verbrecher Otto Skorzeny, der nach dem Krieg mit Degrelle unter Francos Regime in Spanien unbehelligt den Traum eines faschistischen Europas wiederbeleben will.

In seiner Trilogie „The Sorrows of Belgium“ bearbeitet Regisseur Luk Perceval, einer der bedeutendsten europäischen Gegenwartsregisseure, die verdrängte Geschichte Belgiens. In „Yellow“, dem zweiten Teil, werden neben der Kollaboration der Belgier mit den Nazis auch die österreichisch-jüdischen Verstrickungen beleuchtet. Die poetisch-sinnlichen Bilder der auf Brieftexten basierenden Inszenierung spiegeln die schmerzhaften Familiengeschichten dieser dunklen Zeit wider.

Inszenierung: Luk Perceval; Bühne: Annette Kurz: Kostüme: Ilse Vandenbussche; Musik: Sam Gysel; Choreografie: Ted Stoffer.

Mit Sam Gysel, Philip Leonhard Kelz, Bert Luppes, Oscar Van Rompay, Peter Seynaeve, Maria Shulga, Chris Thys, Valéry Warnotte, Lien Wildemeersch.

Landestheater St. Pölten – Großes Haus: letzte Aufführung 11. November 2021

Der Zauberberg

von Thomas Mann. Eine Koproduktion mit dem Grand Théâtre de la Ville de Luxembourg.

Hoch oben in den Schweizer Alpen liegt das Sanatorium Berghof. Während Europa im frühen 20. Jahrhundert von Innovationen und Reformen, Krisen und Kriegen in Atem gehalten wird, vergeht hier in der elitären Lungenheilanstalt „die Zeit ganz anders“.

Liegekuren, lange Spaziergänge im Schnee und fünf ausgiebige Mahlzeiten bestimmen die tägliche Routine der internationalen Patientenschaft. Ein ganzer Kosmos von Wissenschaft, Philosophie und Kunst erfüllt ihre Gespräche. Aber das Kranksein und die Therapien schaffen eine eigenartige Distanz zum Weltenlauf. Eingewickelt in dicke Decken richtet sich der Blick nach innen, auf große Fragen des Menschseins und die Nähe zum Tod. Diese faszinierende Atmosphäre zieht Hans Castorp sofort in den Bann. Der junge Schiffbautechniker kommt zunächst als Urlauber auf den Berghof, wo er seinen Cousin besucht. Doch schon bald nimmt er auf Anraten von Oberarzt Dr. Behrens an den medizinischen Kuren teil. Er befreundet sich mit dem italienischen Schriftsteller Settembrini und erliegt dem widerspenstigen Charme der Russin Clawdia Chauchat. Der norddeutsche „Parzival“ lernt im Berghof die Liebe kennen, Eifersucht und Abgründe, intellektuelle Freiheit und die gewaltige Schönheit der Natur. Bis hinter den Bergspitzen der Vorabend des Ersten Weltkriegs dämmert.

Ein „Menschheitsbuch“ nannte Thomas Mann sein 1924 erschienenes Opus Magnum. Regisseurin Sara Ostertag, die für ihre poetisch-musikalischen Inszenierungen vielfach ausgezeichnet wurde, überprüft den intellektuellen Abenteuerroman als Parabel auf den Zustand unserer Wohlstandsgesellschaft. Mit Musik von Clara Luzia wird „Der Zauberberg“ als internationale Koproduktion mit dem Grand Théâtre de la Ville de Luxembourg auf die Bühne gebracht.

Inszenierung: Sara Ostertag; Bühne: Nanna Neudeck; Kostüme: Clio Van Aerde; Musik: Clara Luzia, Catharina Priemer-Humpel; Choreografie: Steffi Wieser.

Mit Tim Breyvogel, Bettina Kerl, Laura Laufenberg, Clara Luzia, Catharina Priemer-Humpel, Tilman Rose, Michael Scherff, Jeanne Werner.

Landestheater St. Pölten – Großes Haus: letzte Vorstellung 12. Jänner 2022
Zu Gast an der Bühne Baden: Di 05. 10. 2021und Mi 06. 10. 2021

Der Talisman

Von Johann Nepomuk Nestroy

Willkommen in einer Welt, die ihr Glück mehr vom Schein als vom Sein abhängig macht: Alle Menschen haben hier die gleichen Chancen, fast alle, nur die Rothaarigen nicht! Ob Frau oder Mann, jung oder alt, den „Rotkopferten“ begegnet man auf dem Schloss der Gräfin von Cypressenburg mit Geringschätzung und Ausgrenzung. Wegen ihrer roten Haare werden die Gänsemagd Salome Pockerl und der vagabundierende Barbiergesell Titus Feuerfuchs diskriminiert und „abgehängt“. Doch während die selbstbewusste Salome von der Schönheit ihrer morgensonnigen Haarpracht überzeugt ist und sofort in Begeisterung entflammt, als sie ihren Leidensgenossen Titus kennenlernt, ist dieser frustriert von der ignoranten Gesellschaft. Als Titus den Friseur Marquis vor einem Unfall bewahrt und zum Dank eine schwarze Perücke erhält, nimmt sein Leben eine plötzliche Wende: Mit neuer Haarfarbe wird er zum Objekt der Begier-de dreier konkurrierender Witwen und dem sozialen Auf-stieg im Schloss steht nichts mehr im Wege …

Voller hinreißender Komik, witzesprühender Dialoge und messerscharfer Kritik an den Verhältnissen seiner Zeit ist „Der Talisman“ eines der großen Meisterwerke von Johann Nepomuk Nestroy. Aus jeder Silbe schlägt ein Geistesblitz. Nestroy sei „der erste deutsche Satiriker“, dessen Sprache sich „Gedanken macht über die Dinge“, so beschrieb Karl Kraus die herausragende Sprachkunst Nestroys. Das Regieduo und Theaterleiter-Pärchen Kaja Dymnicki und Alexander Pschill, die auf der Wiener Bühne „Bronski & Grünberg“ Furore machen, ist für seinen rasant-erzählerischen, witzig klugen Inszenierungsstil bekannt. Sie bringen „Der Talisman“ mit viel Musik und eigenen Couplets so auf die Bühne, dass sich Intellekt und Sinnlichkeit leichtfüßig begegnen.

Besetzung: Florian Carove, Christian Dolezal, Doris Hindinger, Laura Laufenberg, Stefan Lasko, Tilman Rose, Emilia Rupperti, Michael Scherff.
Inszenierung und Bühne: Alexander Pschill und Kaja Dymnicki; Kostüme: Alfred Mayerhofer; Musik; Stefan Lasko.

Landestheater NÖ – Großes Haus: Premiere Sa 20. März 2021; letzte Vorstellung 25. Mai 2021
Zu Gast an der Bühne Baden: 27. Und 28. Mai 202,

Christoph Kolumbus

Deutschsprachige Erstaufführung. Von Miroslav Krleza; aus dem Kroatischen von Sead Muhamedagic. Eine internationale und mehrsprachige Koproduktion mit den Vereinigten Bühnen Bozen.

Als der Entdecker und Seefahrer Christoph Kolumbus 1492 in See sticht, befindet sich Europa in extremen Umbrüchen. Neben Krisen und Krankheiten schaffen neue wissenschaftliche Erkenntnisse, zum Beispiel, dass die Erde keine Scheibe ist, große Unsicherheiten. Was für die einen den Weltuntergang bedeutet, ist für die anderen ein Weg in eine strahlende Zukunft. Der kroatische Dramatiker Miroslav Krleža erzählt in seinem 1917 entstandenen Stück über die abenteuerliche Entdeckungsreise von Christoph Kolumbus. Er beschreibt Kolumbus als Visionär, als eine moderne Erlöser-Figur, der seinen Matrosen für ihre Strapazen und ihre beschwerliche Seefahrt über den Ozean eine ungeahnte Freiheit und eine glorreiche Zukunft in der Neuen Welt verspricht. Doch die meuternde Mannschaft will Brot und keine Heilserwartung, die Männer wollen Goldschätze und nicht die leeren Versprechungen eines Idealisten …

In „Christoph Kolumbus“ verdichtet Miroslav Krleža die Ideale der sozialistischen Revolution mit der Botschaft aus der katholischen Heilsgeschichte. Erwartet uns am Ende dieser Reise eine ,Neue Welt‘, in der sich die humanistischen Werte verwirklichen lassen oder geht die Fahrt an einen Ort, an dem die Macht spiele der alten Welt nur vor neuer Kulisse stattfinden? Rene Medvešek wird das Kolumbus-Projekt als beeindruckendes Oratorium und großes, formstarkes Musiktheater mit einem mehrsprachigen Ensemble auf die Bühne bringen.

Besetzung: Tim Breyvogel, Dennis Cubic, Max G. Fischnaller, Doris Hindinger, Christoph Kail, Ivana Krizmanic, Emilia Rupperti, Lukas Spisser, Sara Stanic.
Inszenierung: Rene Medvešek: Bühne: Tanja Lacko, Rene Medvešek; Kostüme: Aleksandra Kica Musik, Matija Antoliic.

NÖ Landestheater – Großes Haus: letzte Vorstellung 10. Februar 2021

Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull

Nach Thomas Mann

„Es ist ein allgemeines, menschliches Bedürfnis, sich täuschen zu lassen“, schreibt Felix Krull in seinen „Memoiren“. Diese Erkenntnis, dass fast überall nur der Schein gilt, nicht das Wesen, macht sich Thomas Manns charmantester Held geschickt zunutze. Nach dem Bankrott und Selbstmord seines Vaters reist er nach Paris, um dort als Liftboy in einem Luxushotel sein Geld zu verdienen. Aber es finden sich noch andere Einnahmequellen. Sein erstes Diebesgut ist ein Schmuckkästchen, das ihm den Lebensstil der Schönen und Reichen ermöglicht. Sofort beherrscht er die Klaviatur der feinen Unterschiede und er bewegt sich sicher auf jedem Parkett. Alles, was die Menschen in ihm sehen wollen, kann er verkörpern. Als ihn der von Enterbung bedrohte Marquis de Venosta bittet, unter seinem Namen eine Reise anzutreten, scheint einem glanzvollen Leben in höchsten gesellschaftlichen Kreisen nichts mehr im Wege zu stehen …

Mit der ihm eigenen Ironie schildert Thomas Mann zu Beginn des krisenreichen 20. Jahrhunderts seine „Helden des Zeitalters“, die am Widerspruch von äußerer Geltung und innerer Einsamkeit leiden. Der Schelmenroman gilt bis heute als das erfolgreichste Werk des Nobelpreisträgers und wurde vielfach verfilmt. Regisseur Felix Hafner nimmt die Geschichte des smarten Kriminellen und hinreißenden Phantasten zum Anlass, um die Frage „Will die Welt betrogen werden?“ neu zu stellen.

Besetzung: Tobias Artner, Laura Laufenberg, Tilman Rose, Michael Scherff u.a.
Inszenierung: Felix Hafner; Bühne und Kostüme: Anna Sörensen; Musik: Bernhard Eder.

NÖ Landestheater – Großes Haus: letzte Vorstellung 11. November 2020

Figaros Hochzeit (aber nicht die Oper!)

Die Geschichte eines Revolutionären Friseurs, nach Wolfgang Amadeus Mozart und Lorenzo da Ponte

Figaro, der Diener und Friseur des Grafen, liebt Susanna. Auch der Graf begehrt Susanna, aber das darf seine Ehefrau nicht wissen. Marcellina, bei der Figaro Schulden hat, will die Hochzeit platzen lassen und ihn selbst heiraten. Der Page Cherubino schwärmt für alle Frauen. „Figaros Hochzeit“ gehört zu den beliebtesten Opern, aber auch zu den Opern mit den verwickeltsten Librettos: Wer liebt wen? Und warum darf das Liebespaar nicht heiraten? Warum muss sich immer jemand verstecken oder verkleiden? Und was steckt hinter diesem Spiel um Liebe und Täuschung?

Mozarts italienische Oper basiert auf dem französischen Lustspiel „Der tolle Tag“ von Pierre­ Augustin Caron de Beaumarchais aus dem Jahre 1784, ein Stück mit revolutionärem Zündstoff, das scharfe Kritik an den politischen Zuständen im vorrevolutionären Frankreich übte. Mozart sah darin den geeigneten Stoff für eine Oper über die Abschaffung adeliger Privilegien und die Gleichstellung aller Untertanen.

Gemeinsam mit seinem Schauspiel-Ensemble geht der Regisseur Philipp Moschitz lustvoll auf eine musikalisch-theatrale Entdeckungsreise in die unbekannten Regionen des Mozart’schen Kosmos. Philipp Moschitz hat in der letzten Spielzeit mit seiner Inszenierung der Komödie „Um die Wette“ für Begeisterung bei Publikum und Presse gesorgt und wurde damit zum international renommierten Regie­ Festival „Radikal Jung“ in München eingeladen.

Besetzung: Marthe Lola Deutschmann, Katharina Haindl, Tilman Rose, Michael Scherff.
Inszenierung Philipp Moschitz; Bühne und Kostüme Isabelle Kittnar

Landestheater St. Pölten – Großes Haus: letzte Aufführung 6. 5. 2020
Zu Gast an der Bühne Baden: 19. & 20. 5. 2020

Italienische Nacht

von Ödön von Horváth

1930 im oberbayerischen Murnau: Einen bunten Abend mit Musik und Tanz haben die Mitglieder vom sozialdemokratischen „Schutzbund der Republikaner“ in einem Gartenlokal organisiert, ihre „Italienische Nacht“. Und sie wollen beim Feiern von niemandem gestört werden. Draußen marschieren allerdings die Faschisten auf und begehen ihren „deutschen Tag“. Ein Konflikt zwischen den beiden verfeindeten Parteien scheint an diesem Abend unvermeidbar … Noch könnten die Republikaner den Faschismus abwenden, noch könnte Mut und Zivilcourage über den Opportunismus und die Feigheit vor den aufsteigenden Nazi siegen. Aber private Probleme und politisch-ideologische Streitereien scheinen den Sozialdemokraten wichtiger zu sein, als der Kampf um den Bestand der Demokratie.

Scharfsichtig und mit witzigen Dialogen spiegelt Horvath in seiner abgründigen „Komödie“ die politischen Verhältnisse der 30er Jahre und ihre Folgen. Noch während die Proben zur Uraufführung in Berlin liefen, sprengten im Februar 1931 Nationalsozialisten eine Versammlung der Sozialdemokraten. Horváth war Zeuge der Massenschlägerei, die 26 Verletzte und über 100 kaputte Bierkrüge hinterließ. Nach „Das goldene Vließ“, „Dantons Tod“ und „Ödipus / Antigone“ inszeniert die spanische Regisseurin Alia Luque erneut einen hochpolitischen Theaterstoff am Landestheater.

Besetzung: Tobias Artner, Silja Bächli, Tim Breyvogel, Marthe Lola Deutschmann, Bettina Kerl, Tilman Rose, Michael Scherff.
Inszenierung Alia Luque; Bühne Christoph Rufer; Kostüm Alia Luque und Christoph Rufer; Körpertraining Daniela Mühlbauer

Landestheater St. Pölten – Großes Haus: letzte Aufführung 22. 2. 2020
Zu Gast an der Bühne Baden: 18. & 19. 2. 2020

Der Parasit

von Friedrich Schiller ach dem Französischen des Louis Benoît Picard. Eine Koproduktion mit dem Stadttheater Klagenfurt

Diese Spezies gibt es überall. Parasiten, die am Kuchen mitnaschen und das Rezept als ihr eigenes verkaufen. Nur die Krümel dürfen die anderen wegputzen. Man kennt sie: Kollegen, die immer ein bisschen länger in der Chefetage sitzen, die gerne fremde Ideen als ihre eigenen ausgeben, geht aber was schief, dann schicken sie jemand anderen vor. Zahlen werden frisiert, Gelder veruntreut, kaum ist der Skandal aufgedeckt, wird versucht, die Fakten zu vertuschen, sodass niemand für den Schaden verantwortlich ist. Bei Friedrich Schiller ist der Parasit auf den mittleren Sprossen der Karriereleiter zu finden. Dort siedelt er im gehobenen Beamtenmilieu sein furioses Lustspiel an, das mit feinstem Komödienbesteck die Winkelzüge des titelgebenden Parasiten Selicour und die Mechanismen von Manipulation und Machtgewinn filetiert. Wird Selicour seine Kollegen aus dem Kabinett des Ministers Narbonne übertrumpfen? Wird er Karriere machen und die Hand von Narbonnes kluge Tochter Charlotte erhalten?

Der große klassische Dramatiker Friedrich Schiller erweist sich auch mit dieser Komödie als Meister des Spannungsaufbaus und der Figurenzeichnung. Die Handlung des Stücks stammt aus der Feder von Louis Benoît Picard. Doch bei der Uraufführung der deutschen Übertragung wurde der Name des französischen Lustspieldichters nicht erwähnt. Schiller strich skrupellos alle Lorbeeren allein ein. Der junge Schweizer Regisseur Fabian Alder inszeniert die überraschende, in „schillernder“ Sprache verfasste Komödie als Koproduktion des Landestheaters Niederösterreich und des Stadttheaters Klagenfurt.

Besetzung: Tobias Artner, René Dumont, Heike Kretschmer, Emilia Rupperti, Petra Strasser, Tobias Voigt
Inszenierung Fabian Alder; Bühne Tommy Garvie; Kostüme Johanna Lakner

Landestheater St. Pölten – Großes Haus: letzte Vorstellung 20. 2. 2020

Hamlet

von William Shakespeare

Die Welt ist aus den Fugen. Der junge Prinz Hamlet erlebt die Wirklichkeit wie einen bösen Traum, in dem sämtliche Regeln und Gesetze außer Kraft gesetzt sind. Denn wie kann es anders sein, wenn seine Mutter den Mann heiratet, der seinen Vater ermordet hat? Und Claudius, der selbsternannte Stiefvater Hamlets und neue König, den Mord tief und fest verleugnet? Wie kann Gerechtigkeit herrschen, wenn die Welt auf Lügen aufgebaut ist? Doch der junge Prinz kennt die Wahrheit. Sein ermordeter Vater ist ihm als Geist erschienen, um Hamlet, dem rechtmäßigen Thronfolger, das Verbrechen zu enthüllen und zur Rache aufzufordern. Hamlet will die „verrückte“ Welt wieder einrichten, indem er den Auftrag seines Vaters erfüllt. Mit den Mitteln des Theaters und der Täuschung planter, das Verbrechen aufzudecken. Eine vorbeikommende Schauspieltruppe führt nach seinen Anweisungen ein Stück auf, in dem der König ermordet wird und der Mörder die Königin heiratet. Tatsächlich zeigt König Claudius’ Reaktion seine Schuld – er lässt die Vorstellung vor Zorn abbrechen. Aber die Wahrheit bringt keine Gerechtigkeit, sondern nur noch mehr Verderben ...

Der junge britische Regisseur Rikki Henry war Teilnehmer des Marstallplan-Festivals 2018 für junge Regie am Residenztheater München und früherer Mitarbeiter der Theaterlegende Peter Brook. In seiner ersten Arbeit am Landestheater Niederösterreich inszeniert er Shakespeares rätselhafte Tragödie als modernen Mythos über Macht und Moral.

Besetzung: Tim Breyvogel, Marthe Lola Deutschmann, Philip Leonhard Kelz, Bettina Kerl, Laura Laufenberg, Sami Loris, Tilman Rose, Michael Scherff.
Inszenierung Rikki Henry; Bühne Max Lindner; Kostüme Cedric Mpaka; Musik Nils Strunk.

Landestheater St. Pölten, Großes Haus: letzte Vorstellung 10. 1. 2020
Zu Gast an der Bühne Baden: 3. & 4. 12. 2019

Quasi Jedermann

Helmut Qualtinger, der Menschenimitator. Mit Texten von Helmut Qualtinger; Musik von Wiener Blond Uraufführung!

Bis heute gilt er als die Verkörperung der österreichischen Seele. Sein Wiener Schmäh, dessen sprachliche Wurzeln bis zu Ödön von Horváth, Karl Kraus und Johann Nepomuk Nestroy reichen, sorgte für Begeisterungsstürme bei seinem Publikum. Die hochkomischen „Travnicek“-Dialoge des ewigen Nörglers mit seinem Partner Gerhard Bronner und die Interpretation des „Gschupften Ferdl“, der sich beim Tanz ein blaues Auge holt, gingen in die Kabarettgeschichte ein. Doch Helmut Qualtinger, den das ganze Land liebevoll den „Quasi“ nannte, war zugleich ein Stachel im Fleisch der spießbürgerlichen Nachkriegszeit. Witz und bitterböser Tiefsinn, treffsichere Pointe und Verzweiflung an den herrschenden Zuständen lagen bei ihm nah beieinander. Mit dem Monolog „Der Herr Karl“ von 1961 setzten Qualtinger und Carl Merz dem typischen Mitläufer und gesinnungslosen Opportunisten ein literarisches Denkmal. „Der Herr Karl“ löste eine nationale Kontroverse aus und wurde, weit über die österreichischen Grenzen hinaus, zur Kultfigur. „Quasi Jedermann“ ist eine musikalische Hommage an den Schriftsteller, Schauspieler, Kabarettisten und unvergleichlichen „Menschenimitator“, wie Helmut Qualtinger sich selbst bezeichnete. Gemeinsam mit dem bekannten Wienerlied-Beatbox-Duo „Wiener Blond“ und unserem Schauspiel-Ensemble wird die Regisseurin Christina Tscharyiski seine unsterblichen Figuren, die leidenschaftliche Lust an der Sprache und die unvergesslichen Lieder wieder aufleben lassen.

Inszenierung Christina Tscharyiski, Bühne Sarah Sassen, Kostüme Miriam Draxl, Musik Wiener Blond.
Besetzung: Tobias Artner, Hanna Binder, Josephine Bloéb, Tim Breyvogel, Michael Scherff, Wiener Blond Verena Doublier, Wiener Blond Sebastian Radon.

Landestheater NÖ, Großes Haus: letzte Vorstellung 9. März 2019
Stadttheater Baden: Freitag 23. 8. 2019

Frankenstein

Nach Mary Shelley, von Dominic Oley. Uraufführung!

Bei ihrem Sommeraufenthalt am Genfer See diskutierte eine Gruppe von Schriftsteller und Schriftstellerinnen und Freunden oft über philosophische Hauptfragen, über die Ursprünge des Lebens und, ob es je möglich werden würde, ihnen auf den Grund zu kommen. Der berühmteste unter ihnen war der Dichter Lord Byron, die jüngste war die 19-jährige Mary Shelley. In diesem Sommer 1816 war es unruhig in der Welt. Im Vorjahr war ein indonesischer Vulkan ausgebrochen und die daraus resultierende Klimakatastrophe war so mächtig, dass sie sogar das Wetter in Genf verdarb. Bei Regen und Gewitter musste die Reisegruppe mitten im Sommer den Kamin anzünden und dort ihre abendlichen Runden vor dem Feuer fortsetzen. Sie begannen, sich selbst erfundene Gespenstergeschichten erzählen.
Mary Shelley berichtet, wie sie bei diesen langen Kamingesprächen am Genfer See zusammensaßen und wie sie eines Abends mit der Idee, eine Gespenstergeschichte zu schreiben, ins Bett ging. Entstanden ist, in der Tradition alter englischer Gruselromane, eine meisterhafte Schauergeschichte. Sie erzählt aus dem Leben des Naturforschers Victor Frankenstein, der das „Elixier des Lebens“ findet. Er schafft ein künstliches Wesen und erweckt es zum Leben. Dabei hat er aber nicht bedacht, dass sein Geschöpf auch Gefühle hat. Es sehnt sich nach nichts mehr als nach einer Partnerin ...

Inszenierung Dominic Oley
Besetzung: Tobias Artner, Josephine Bloéb, Cathrine Dumont, Othmar Schratt.

Landestheater NÖ, Theaterwerkstatt: letzte Vorstellung 11. 6. 2019

Ödipus / Antigone

von Sophokles

Was ist da los in Theben? In der Stadt wütet die Pest, es herrscht Chaos. Der König selbst wird zur Verantwortung gezogen. Mit dem Mord an seinem Vater und der Hochzeit mit der eigenen Mutter hat König Ödipus Schuld auf sich geladen. Unwissentlich hat er dieses Unrecht begangen, behauptet er. Erst der blinde Seher Teiresias verhilft ihm zur Selbsterkenntnis. Verzweifelt über sich selbst und seine Tat, sticht sich Ödipus die Augen aus und flieht aus der Stadt. Das hinterlässt ein Machtvakuum für die nächste Generation. Nicht nur seine rivalisierenden Söhne Eteokles und Polyneikes, sondern auch seine Töchter Antigone und Ismene sind heillos überfordert. Es gilt das schuldbeladene Erbe des Vaters zu überwinden.

Die Saga um König Ödipus, der Konflikt zwischen seinem Nachfolger Kreon und seiner Tochter Antigone und das damit verbundene Schicksal Thebens gehört zu den zentralen Mythen der Antike. Es ist die Chronik einer Herrscherdynastie, in der das Streben nach Macht über Generationen hinweg stärker ist als die Verantwortung für das Gemeinwohl. Es ist auch die Geschichte einer Stadt, deren Untergang mit den machtpolitischen Konflikten dieser Familie eng verknüpft ist.

Inszenierung Alia Luque, Bühne Christoph Rufer, Kostüme Alia Luque, Kostüme Christoph Rufer, Musik Johanna Borchert.
Besetzung: Silja Bächli, Hanna Binder, Tim Breyvogel, Bettina Kerl, Tilman Rose, Michael Scherff.

Landestheater NÖ, Großes Haus: letzte Vorstellung 5. Juni 2019

Am Königsweg

Österreichische Erstaufführung von Elfriede Jelinek

„Gewählt ist gewählt“ – nach der letzten amerikanischen Präsidentschaftswahl sitzt der Schock bei den Verlierern so tief wie der neu gewählte König hoch auf seinem Thron. Bei den Gewinnern herrscht Jubel. Mit Immobilien, Golfplätzen und Casinos hat der König ein Vermögen verdient. Ab jetzt führt er die Geschicke des mächtigsten Landes der Welt und verspricht dem wütenden Volk die Befreiung von Arbeitslosigkeit und Kreditschulden. Zahlen sollen die anderen, dafür wird er schon sorgen. Die Wahl des Königs entfesselt weitere Kräfte und bringt ein schreckliches Schicksal.

Das neueste Stück der Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek wagt den Blick in die jüngste Vergangenheit und nahe Zukunft und stellt die brisanten politischen Fragen unserer Zeit: Wie wollen wir künftig leben? Wieso lernen wir nicht aus den Fehlern der Vergangenheit? Wieso scheinen alle mit Blindheit geschlagen, vom König angefangen bis hin zu seinem Volk? Und was haben mit alledem Miss Piggy und ihre Freunde aus der Muppet Show zu tun? Elfriede Jelinek gehört seit Jahren zu den wichtigsten Stimmen des zeitgenössischen Theaters. Mit ihren sprachlich brillanten und assoziativen Textflächen findet sie historische Parallelen zu den Phänomenen unserer politischen Gegenwart, von den Idolen der Popkultur, den Helden der großen Königsdramen Shakespeares bis hin zum antiken König Ödipus.

Inszenierung Nikolaus Habjan, Bühne Jakob Brossmann, Kostüme Cedric Mpaka, Video Johannes Hammel, Musik Kyrre Kvam.
Besetzung: Hanna Binder, Bettina Kerl, Manuela Linshalm, Tilman Rose,

Landestheater NÖ, Großes Haus: letzte Vorstellung Dienstag 30. April 2019
Stadttheater Baden: Mittwoch 22. & Donnerstag 23. Mai 2019

Der Tag, an den mein Großvater ein Held war

Von Paulus Hochparterre, Uraufführung!

„So wäre es am ehesten gewesen.“ Paulus Hochgatterers jüngster Roman erzählt in der Möglichkeitsform und aus unterschiedlichen Perspektiven über die Ereignisse der letzten Kriegstage im Frühjahr 1945. Schauplatz ist ein Bauernhof im niederösterreichischen Mostviertel. Neben der Familie Leithner mit ihren fünf Töchtern leben dort auch die 13-jährige Nelli, die bei einem Bombenangriff ihre Erinnerung verloren hat, und ein weißrussischer Kriegsgefangener, der im Heustadel des Hofes unterkommt. Er ist Maler und versteckt ein geheimnisvolles Bild vor der Familie. Im dauerhaften Ausnahmezustand versucht die kleine Hofgemeinschaft trotzdem eine Art von Alltag. Als sich noch drei Wehrmachtssoldaten einquartieren, eskaliert die Situation und die Zivilcourage der Leithners wird auf die Probe gestellt.

Mit „Der Tag, an dem mein Großvater ein Held war“ schrieb der österreichische Kinderpsychiater und vielfach ausgezeichnete Schriftsteller Paulus Hochgatterer eine exemplarische Geschichte davon, wie man im Kriegszustand ein Mensch bleibt. Es geht aber auch um die Ungewissheit des Erinnerns und wie das Verdrängen und Verklären von traumatischen Erlebnissen in einer inhumanen Zeit stattfindet. Es ist ein eindringliches Kammerspiel, atmosphärisch dicht, vielschichtig, sprachlich knapp und präzise, ein „Meisterwerk der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur“ (Der Falter).

Inszenierung Moritz Beichl, Bühne Moritz Beichl, Bühne Astrid Klein, Kostüme Astrid Klein, Musik Lukas Wandl.
Besetzung: Tobias Artner, Josephine Bloéb, Tim Breyvogel, Cathrine Dumont.

Landestheater NÖ, Theaterwerkstatt: letzte Vorstellung 9. Mai 2019.

Der Zerissene

von Johann Nepomuk Nestroy

Herrn von Lips mangelt’s, so könnte man meinen, an nichts – und doch leidet der in grenzenlosem Reichtum und Luxus schwimmende Junggeselle an entsetzlicher Langeweile. Was wäre da geeigneter als der kühne Entschluss, die nächstbeste Frau vom Fleck weg zu heiraten? Das Wagnis wird zum Verhängnis, als Lips auf die ihm zugetane Madame Schleyer trifft und prompt mit deren ehemaligem Liebhaber Gluthammer physisch aneinandergerät. Mitten im Kampf stürzen beide in einen reißenden Fluss und die Welt des Herrn von Lips gerät in eine gehörige Schieflage: Im Glauben, das Leben des Nebenbuhlers auf dem Gewissen zu haben, sieht sich Lips gezwungen, unterzutauchen und inkognito an einem seiner Höfe als Stallbursche anzuheuern. Dort findet er in Kathi, dem herzlichen Patenkind des Hofpächters Krautkopf, seine einzige Verbündete und erfährt zum ersten Mal am eigenen Leib, was es bedeutet, nicht sein eigener Herr zu sein.

Ist unser Glück tatsächlich vom Geld abhängig? Was ist dann zu viel, wie viel zu wenig? Bedeutet Wohlstand Freiheit oder Gefangenschaft? Und was, wenn sich das Verhältnis von Arm und Reich mit einem Schlag umkehrte? Diese und andere Fragen beleuchtet Johann Nepomuk Nestroy in seiner wortgewandten Posse auf lustvolle Weise und mit dem für ihn bezeichnenden, subversiven Witz.

Die mehrfach preisgekrönte österreichische Filmregisseurin Sabine Derflinger (u. a. „Vorstadtweiber“ und „Tatort“) wird Nestroys temporeiche Verwechslungskomödie auf die große Bühne des Landestheaters bringen.

Ensemble des Landestheater Niederösterreich und Gäste.
Inszenierung Sabine Derflinger, Dramaturgie Kai Krösche.

Landestheater NÖ St. Pölten – Großes Haus: letzte Vorstellung 17. 5. 2018
Stadttheater Baden: Mittwoch 4. & Donnerstag 5. April 2018

Ein Theaterprojekt von Árpád Schilling

Uraufführung

Es ist ein Theater der besonderen Art…
… das der ungarische Regisseur und Autor Árpád Schilling seit vielen Jahren entwickelt. Sein Bezugspunkt und Resonanzraum sind unsere Gegenwart und der spezifische Ort, an dem das Stück gezeigt wird. Basierend auf aktuellen Geschehnissen, Gesprächen mit ExpertInnen und der aktiven Teilhabe des Schauspiel-Ensembles spürt er dabei den gesellschaftlichen und politischen Stimmungen unserer Zeit nach: Wie wollen wir zu Zeiten des rasanten Wandels künftig leben, nach welchen Werten wollen wir uns orientieren, wie flexibel wollen wir auf neue Lebens- und Arbeitswelten reagieren? Das Stück, das am Ende auf der Bühne zu sehen sein wird, entsteht nach und nach in der Probenarbeit. Aufgrund der prozesshaften Theaterarbeit stehen vor Probenbeginn weder der Titel noch eine fertige Textfassung fest.

Darsteller: Tim Breyvogel, Cathrine Dumont, Bettina Kerl, Michael Scherff, Helmut Wiesinger.
Inszenierung, Visuelles Konzept Árpád Schilling, Dramaturgie Kai Krösche, Bence Bíró, Projektleitung Ildikó Ságodi, Regieassistenz, Übersetzung Luca Pályi, Oliver Illés.

Landestheater NÖ St. Pölten – Großes Haus: letzte Vorstellung 17. 2. 2018
Stadttheater Baden: Dienstag 23. & Mittwoch 24. 1. 2018

Landestheater NÖ

Die neue Spielzeit 2023/24

Wir freuen uns, in eine neue Spielzeit verschiedenster Formen, neuer Dramatik und klassischer Theatertexte, Eigen- und Koproduktionen und Gastspiele zu starten. Wir freuen uns, diese Bandbreite mit dem Publikum zu erleben, denn nicht nur die Welt ist groß, sondern auch unsere Neugier, sie theatral erfahrbar zu machen.

Diese Bandbreite zeigt sich in der Spielzeit 2023/24 auch wieder besonders in unseren internationalen mehrsprachigen Koproduktionen und Gastspielen mit Theatern in Holland, Luxemburg, Litauen, Tschechien, Deutschland, Frankreich, Polen und Italien wie zum Beispiel mit der holländischen Kollektiv Wunderbaum, dem Festival d’Avignon, dem Maxim Gorki Theater oder dem Grand Théâtre de la Ville de Luxembourg sowie in den vier Uraufführungen und Österreich-Premieren die am Spielplan stehen.

So wollen wir in der nächsten Spielzeit wiederum mit viel Theater die große Welt mit uns verbinden und uns dabei mit BEZIEHUNGEN, global und lokal, aber auch privat und politisch, beschäftigen.

Wir freuen uns, mit Ihnen unsere Theater-Beziehung fortzusetzen oder neu zu beginnen: Unser Theater will Gemeinsamkeiten aufzeigen, wir wollen mit unseren Geschichten auf der Bühne darüber erzählen, dass wir Menschen soziale Wesen sind, die einander brauchen und voneinander abhängig sind. Das gilt im politischen Sinne für den ganzen Erdball, in der Beziehung zwischen Mensch und Natur sowie im persönlichen und zwischenmenschlichen Bereich.

Die Publizistin Seyda Kurt schreibt über unser Zusammenleben als Menschen in ihrem Buch „Radikale Zärtlichkeit“, dass es „eine der gefährlichsten (von der Gesellschaft aufrecht erhaltenen) Wahrheiten ist, dass mein Verhältnis zu mir selbst und zu anderen Menschen eben nicht politisch sei. Dass es sich um eine rein private, individuelle Angelegenheit handle, für die ich allein verantwortlich zeichne.“

So agiert auch Kunst und Kultur als Teil eines gesellschaftspolitischen Prozesses nicht im luftleeren Raum. Wir wollen auftreten gegen einen Populismus, der die Gesellschaft spalten will, und rufen nach mehr Miteinander, nach mehr Nächstenliebe und Empathie.

Das werden wir in unseren Stücken verhandeln:

Wir treffen dabei auf Ödön von Horváths „Kasimir und Karoline“ – eine Koproduktion mit dem Grand Théâtre de la Ville de Luxembourg – und werden über ihre Liebesbeziehung unter schwierigen ökonomischen Verhältnissen erfahren. Mit den Mitteln einer vielschichtigen Charakterkomödie erforschen wir mit Molières „Der Menschenfeind“ unsere gesellschaftlichen Beziehungsformen. Verhindern Höflichkeit und Heuchelei ehrliche Begegnungen oder liefern sie nicht vielmehr den sozialen Klebstoff für ein selbstbestimmtes Miteinander?

Wir werden auf der Bühne „Die größere Hoffnung“ in Form einer Dramatisierung und als Erstaufführung kennenlernen. Die bedeutende Autorin Ilse Aichinger erzählt die Geschichte eines jüdischen Mädchens in der Zeit des Nationalsozialismus. Aichinger schrieb damit einen wegweisenden Roman, der ein individuelles Schicksal eines jungen österreichischen Mädchens in Beziehung zum Weltgeschehen setzt. Wir erleben die Frauenschicksale in „Die Troerinnen“ des antiken Dichters Euripides, deren Leben von einem großen und langwährenden Krieg gezeichnet ist. Und wir entdecken weltpolitische Verstrickungen und die Verantwortung des Einzelnen gegenüber der Menschheit in Friedrich Dürrenmatts grotesker kammerspielartiger Komödie „Die Physiker“.

Auch in „Alfa Romeo und die elektrische Giulietta“ wird in dem Generationenkonflikt einer italienischen Familiendynastie das Private politisch. Die Familie, muss nicht nur die Verantwortung für ihre faschistische Vergangenheit übernehmen, sondern auch den Wandel hin in die ökologische Zukunft betreiben. Das niederländische Theater-Kollektiv Wunderbaum nähert sich den italienischen Autobauern mit reichlich Musik und einem spielfreudigen internationalen Ensemble an. Wir freuen uns besonders, dass wir im Jahr 2024 mit der „Tangente“, dem Festival für Gegenwartskultur, zusammenarbeiten und gemeinsam sowohl „Alfa Romeo und die elektrische Giulietta“ als Koproduktion im Landestheater zur Uraufführung bringen, als auch das Gastspiel „Mothers“ von der renommierten polnischen Theatermacherin Marta Górnicka als Österreich-Premiere präsentieren dürfen.

Jugendliche Beziehungen spielen auch in unserem Familienstück „Emil und die Detektive“ eine große Rolle, und auch in „Tschick“ gehen zwei Freunde durch dick und dünn. In unserem Kinderstück „Der Regenbogenfisch“ werden Freundschaft und mit ihr die Beziehung zur Welt und zur Natur erlernt. Wir möchten alle Kinder, Familien, und – zum ersten Mal – auch alle Seniorinnen und Senioren zu unseren zahlreichen Vermittlungsangeboten einladen. Theaterclubs für unterschiedliche Altersgruppen, die partizipativen Workshops sowie unser Bürgertheater sind Bühnen fürs Mitmachen und für das gemeinsame Erlebnis quer durch alle Generationen, Kulturen und Herkünfte.

Aufmerksamkeit für Sprache zwischen Komik, Ironie und politischer Satire haben wir in einem ganz besonderen Projekt geplant: Regisseur und Puppenspieler Nikolaus Habjan und die Schauspielerin Julia Kreusch bringen einen Abend mit Loriot-Sketchen auf die Bühne. Erstmals zu Gast ist der große Theatermelancholiker Christoph Marthaler, der mit „Das Weinen“ eine neue Inszenierung aus dem Schauspielhaus Zürich präsentiert. Das vielgelobte inklusive Ensemble des RambaZamba Theaters zeigt erstmals in Österreich seine Theaterversion des weltberühmten Romans „Einer flog über das Kuckucksnest“ in der Inszenierung von Leander Haußmann.