Wer zahlt, wenn das Rigg von oben kommt?

Die Beurteilung des besten Versicherungsangebotes ist schwierig… denn in Wahrheit kommt es dabei nicht nur auf den Preis der Prämie an, sondern ebenso natürlich auch auf das Wording der Bedingungen und bei weitem wirklich nicht last not least auf das Verhalten des Versicherers im Schadenfall.
Leistungsträger und damit letztlich der, der den Schaden zu bezahlen hat ist immer ein Versicherungskonzern bei manchen auch gleichzeitig mehrere, was die Sache nicht unbedingt erleichtert. Entscheidend für Sie ist aber auf alle Fälle auf welcher Seite der Vermittler steht, der letztlich Ihre Interessen vertreten sollte.
Und wie das in der Praxis aussieht möchten wir Ihnen mit folgendem ganz aktuellen Fall eines vom Versicherer abgelehnten Mastbruches näherbringen, erschienen in der YACHT 3-2021. Vergleichbare Beispiele hat YACHT-POOL auch immer wieder im Bereich der Motorboote.
Es geht um einen Mastbruch aufgrund einer gerissenen Unterwant und in der Folge um eine brisante Versicherungsfrage.

Hier der Sachverhalt in verkürzter Form
Der betroffene Eigner hatte sein gebrauchtes Schiff vor 15 Jahren in gutem Zustand gekauft und es seither stets gepflegt und in gutem Zustand gehalten. Auch am Rigg waren keine äußeren Spuren von Beschädigungen erkennbar. Doch plötzlich riss die Unterwant und der Mast fiel. Wie gewöhnlich war der daraus folgende Schaden erheblich. Das Schiff war „normal“ Kaskoversichert. Ergo wurde der Schaden gemeldet und von einem Gutachter besichtigt.
Der stellte deutliche „Alterungsspuren“ fest. Der Versicherer lehnte damit den Schaden ab.
Der Versicherer bezog sich dabei (gemäß seiner Bedingungen) auf den Ausschluss von sogenannten „Allmählichkeitsschäden“. Also Schäden, die durch Alterung, – also Verschleiß, Materialermüdung, Rost, Oxidation u.d.gl. entstehen, was soweit nachvollziehbar und zu Recht erfolgen kann.
Problematisch wird die Sache, wenn dies auf das Rigg angewendet wird. Denn die Haltbarkeit des Riggs ist von außen für den normalen Nutzer nicht zu erkennen und zu beurteilen. Dies kann, wenn überhaupt, nur nachträglich von einem Gutachter erfolgen und ist im Falle einer „Allgefahrendeckung“ (Umkehr der Beweislast) als Schadensursache vom Versicherer auch entsprechend zu beweisen! Rigg Hersteller gehen ganz allgemein davon aus, dass das Rigg etwa alle 10–15 Jahre getauscht werden soll. Ein Gesetzt oder sonstige Vorschriften gibt es dazu nicht.
Der Eigner, der sein Schiff liebte und meinte es stets nach bestem Wissen in Schuss gehalten zu haben, und sich mit der „Allgefahrenversicherung“ gut versichert glaubte, war über seine Versicherung an die er Jahrelang brav seine Prämie bezahlt hatte sehr enttäuscht und verärgert. Dazu Dr. Schöchl von YACHT-POOL:

Allgefahrendeckung in Gefahr
Ablehnung des Mastbruch-Schadens trotz Allgefahrendeckung: Nicht alles was rechtens ist, ist auch richtig. Und bevor jetzt gleich ein Shitstorm von den „Rechthabern“ ausbricht, die behaupten das Recht steht nun mal über allem und alles und was nicht verboten ist, ist eben erlaubt, möchte ich noch sagen, was ich meine:
Ich darf dabei zum besseren Verständnis etwas ausholen. Wer sich mit der Historie der Entwicklung von YACHT-POOL beschäftigt hat weiß, dass die Firma vor 45 Jahren gegründet wurde, und zwar aus Ärger über Versicherungen. Als Mitglied der Familie Schöchl (Sunbeam) musste ich damals feststellen, dass die zu jener Zeit übliche Einzelgefahrendeckung in den Kaskobedingungen bei unseren Sunbeam-Kunden im Schadenfall immer wieder zu Enttäuschungen, Frustrationen und Ärger führten und geradezu Wasser auf die Mühlen des damals, ganz generellen negativen Image der Versicherungen war.
Versicherungsverträge sind mitunter rechtlich nicht ganz einfache Verträge. Und bei den damals üblichen „Einzelgefahrendeckungen“, war es zwar rechtlich recht eindeutig und klar, dass natürlich nur das versichert war, was eben in diesen Verträgen als versicherte Risiken aufgezählt war. Nicht so eindeutig klar war es allerdings den Versicherungsnehmern. Denn die konnte die Breite der möglichen Schäden gar nicht überblicken. Und wenn das Reißen von Segeln nicht aufgezählt war, dann waren eben Segel auch nicht versichert. Und wenn Feuer aufgezählt war, dann waren eben Schmorschäden (weil kein Feuer) nicht versichert. Und das alles war eben den Versicherten bei Vertragsabschluss in keinster Weise klar. Im Übrigen auch nicht dem netten Versicherungs-Agenten, der sich um die übrigen Versicherungen seines Kunden kümmerte. Bis es zum Schaden kam und der Justitiar beiden erklärte warum der eingetreten Schaden nicht versichert war.

Das ärgerte mich furchtbar.
Und darum wollte ich auch mit Versicherungen nichts zu tun haben, schon des Images wegen. Denn ich sah hier mit Recht wiederholt das Gebot der Fairness verletzt. Dem wollte ich aber zumindest für unsere Kunden Abhilfe verschaffen. Ich setzte mich hin und schrieb für unsere Kunden eigene Kasko-Bedingungen, in auch für Laien verständlicher Form.
Eine der wesentlichsten Klauseln war damals – vor 45 Jahren – die „revolutionäre“ Einführung der „Allgefahrendeckung“ in die Kaskobedingungen.
Diese Klausel wurde im Laufe der Jahre so gut wie von allen Versicherern – zumindest im deutschen Sprachraum – übernommen. Zuletzt nach etwa 40 Jahren auch vom deutschen Marktführer, und im Rahmen einer eigenen Pressekonferenz auf der boot Düsseldorf der Fachpresse als zeitgemäße Innovation, wenn auch etwas spät – vorgestellt und von ihr besonders gewürdigt. Eine Klausel, die nun Markt war.
Als ich die Allgefahrendeckung einführte, dachte ich, damit im Sinne der Klarheit und im Sinne der Versicherungsnehmer den Unfug unverständlicher Klauseln beseitigt zu haben. Und um weitere „Waffengleichheit“ im asymmetrischen Kräfteverhältnis zwischen Versicherungsnehmen und Versicherer zu schaffen, gründete ich den „YACHT-POOL“.
Gedacht als einen „Pool der Versicherungsnehmer“, als wirtschaftliches Gegengewicht zu dem immer wirtschaftlich stärkeren Versicherer. Diese Konzeption wuchs schnell über den Kreis der Sunbeam-Kunden hinaus und YACHT-POOL entwickelte sich unbeabsichtigt – denn eigentlich wollte ich „etwas Gescheites“ machen und mit Versicherungen nichts zu tun zu haben - in einer Eigendynamik zu einem immer stärker werdenden Player im Bereich der Yachtversicherer.
Ich glaubte mit „meiner Allgefahrendeckung“ alle Probleme gelöst zu haben. Und auf breiter Front gesehen, war das auch der Fall.
Aber eben nicht für alle Fälle, wie der aktuelle Artikel „Wenn das Rigg von oben kommt“ in der „Yacht 3-2021 zeigt. Ein treffendes Beispiel, wie von manchen Versicherern durch interpretationsoffene „giftige Klauseln“ der Sinn der Allgefahrendeckung wieder ausgehebelt und damit die „Allgefahrendeckung“ zu einem Irrlicht gemacht wird.
Natürlich gibt es Fälle von Materialermüdungen und Wartungsvernachlässigungen, die man nicht dem Versicherer anlasten kann und von der Deckung ausschließen muss – auch das eine Frage der Fairness. In diesem Fall gegenüber dem Versicherer.
Aber was Fairness ist, da scheiden sich offensichtlich die Geister von Versicherung zu Versicherung. Dass das Rigg alle 10 Jahre gewechselt werden sollte ist im Allgemeinen lebensfremd und im Speziellen im Wesentlichem eine Frage des verwendeten Materials und der Beanspruchung des Schiffes. Bei einem Charterschiff anders als bei einem Binnenschiff im Salzkammergut. Und auf Grund der unterschiedlichen Qualitäten der Drahtseile und der unterschiedlichsten Beanspruchungen, waren auch wir in all den Jahren mit einer Reihe von Mastbrüchen aller Art konfrontiert.
Ja, mitunter hätte man vielleicht auch in einigen Fällen Materialermüdung einwenden können. Es gab in all diesen Jahren allerdings keinen einzigen Fall, wo von unserem Versicherer aus diesem Grund eine Schadenregulierung abgelehnt oder reduziert worden wäre. Und damit dies von unserem Versicherer nicht nur aus Good-Will erfolgt, wurden in unseren Bedingungen auch Folgeschäden aus Materialermüdung und Konstruktionsfehlern ausdrücklich klar eingeschlossen.
Der durchschnittliche Boots- oder Yachteigner ist nicht in der Lage die Stabilität des Riggs zu beurteilen. Es entspricht dem absoluten Normalverhalten, dass wahrscheinlich tausende Segelboote und Segelyachten auf allen Gewässern unterwegs sind, deren Rigg älter als 10 Jahre ist. Deshalb kann in diesem Fall übrigens auch in keinster Weise von grober Fahrlässigkeit gesprochen werden. Ja, es ist eine richtige Empfehlung das Rigg immer zu überprüfen und je nach Beanspruchung auch in den genannten Zeiträumen ggf. zu wechseln, wenn dies notwendig erscheint. Denn es geht ja auch um die persönliche Sicherheit. Denn nicht immer fällt der Mast dorthin, wo niemand ist.
Das Rigg nicht ständig entsprechend zu kontrollieren mag vielleicht eine gewisse Fahrlässigkeit sein – aber, dass eben genau diese versichert ist, davon sollte der Versicherungsnehmer ausgehen können.
Und dass bei Licht betrachtet ein großer Teil der Schäden, wenn nicht der größte, unter Fahrlässigkeit eingeordnet werden kann, sollte jedem erfahrenen Yacht-Versicherer bekannt sein. Natürlich ist jeder Schadenfall für sich zu beurteilen. Und gerade deshalb ist es für den Versicherten wichtig einen Vertreter seiner Anliegen zu haben, der sowohl in der Lage und vor allem Willens ist, seine Interessen gegenüber dem Versicherer zu vertreten. Da kann dann auch kommen was man nicht will.
Und deshalb plädieren wir dafür, dass – wenn schon die Materialermüdung mit der ungeeigneten Methode der Nutzungszeit begründet wird – in den Bedingungen dann klar vereinbart werden sollte, dass z.B. Schäden durch Bruch von Verstagungen, die älter als X Jahre sind, nicht ersetzt werden. Das wäre fair, bewahrt die Versicherungsnehmer vor unerwarteten Überraschungen und Frust und den Versicherer vor Reputationsverlust. Das wichtigste Kapital eines Versicherers.
Denn Versicherungsverträge sind zwar de jure ein Rechtsgeschäft, de facto aber vielmehr ein Vertrauensverhältnis.

Mastbruch – Aktuelle Erfahrung eines YACHT-POOL Kunden
Mit Interesse habe ich den Artikel „Wenn das Rigg runterkommt, wer bezahlt“ gelesen.
Es war erst vor kurzer Zeit, als auch ich einen Mastbruch aufgrund einer gerissenen Want hatte. Ich hatte mein 16 Jahre altes Schiff immer in Schuss gehalten und auch jährlich Segel und Rigg beim Service auf sicherheitsrelevante Punkte überprüfen lassen. Dass ich die Verstagung wegen des Alters tauschen sollte, hat nie jemand dieser Fachleute gesagt.
Der von der Versicherung beauftragte Schadengutachter stellte allerdings in seinem Gutachten fest, dass er auf Grund des Alters des Riggs von Materialermüdung ausgehe und es stellte sich die grundsätzliche Frage einer Entschädigung.
Für mich ein Schock. Ich rief bei meinem Versicherer YACHT-POOL an und bekam die erlösende Antwort. Die Beurteilung des Gutachters ist die eine Sache, was in unseren Bedingungen steht eine andere. Der Schaden wurde rasch bezahlt. Denn in den Bedingungen war dieser Sachverhalt eindeutig und klar zu meinen Gunsten geregelt. Die Bedingungen habe ich offen gestanden vorher gar nicht so genau gelesen. Ich habe offensichtlich Glück gehabt. Und daraus gelernt, dass es anscheinend nicht nur wichtig ist zu lesen, was man unterschreibt, sondern auch bei wem und sich nicht nur von vollmundiger Werbung und großen Namen blenden lässt. Es wäre den Yacht-Lesern sicher geholfen, wenn sie bei Schadenablehnungen solcher Art auch den betroffenen Versicherer nennen würde. Mit YACHT-POOL hat ich jedenfalls einen seriösen Partner.
Ferdinand Stückl Schwaiger