Wegweisender Wendepunkt für Charter-Skipper und Charter-Provider

Wo ein Kläger, da ein Richter!

Aus Yacht Info 4/2020!

Im Buch „Die Haftung des Skippers – seine Rechte / seine Pflichten“, ein Standardwerk für Rechtsfragen der Freizeit Skipper, wird der juristische Rahmen in dem sich Charter-Skipper und Charter-Provider bewegen, in auch für den Laien verständlicher Form beschrieben.
Ein Kapitel beschäftigt sich dabei auch mit Klauseln der AGB (den allgemeinen Geschäftsbedingungen im Kleingedruckten), die rechtlicher Bestandteil der Charterverträge sind. Diese AGB formuliert jeder Vercharterter individuell für sich. Sie weichen deshalb z.T. erheblich voneinander ab. Und vielfach stößt man dabei auf Klauseln zu Lasten des Charterers, die klar gegen die rechtlich zwingenden Regeln des europaweit geltenden Verbraucherschutzes verstoßen. YACHT-POOL kritisiert diese „giftigen“ Klauseln seit Jahren.
Eine dieser inakzeptablen und widerrechtlichen Klauseln ist dabei auch die Festlegung des Gerichtsstandes auf den Gerichtsstand des Vercharterers. Dies ist zwar legitim, wenn es sich beim Charterer ebenfalls um ein Unternehmen handelt, aber eben nicht, wenn der Charterer eine Privatperson ist, was ja in der Regel der Fall ist.
Damit von den Vercharterern solche (mitunter unbewussten) Rechtsverstöße gegen geltendes Recht, die letztlich im Ernstfall für den Vercharterer nach vermeidbarem Aufwand von Nerven und Geld zu eine harten Landung von Gericht führen, von vornherein ausgeschlossen sind, wurden von YACHT-POOL unter der Marke CharterFairtrag die einheitlichen „International YACHT-POOL Terms & Conditions“ entwickelt, die in allen charter-relevanten Sprachen vorliegen. Mit Klauseln, die nicht nur einen gerechten, sondern auch einen rechtskonformen Interessen Ausgleich zwischen Charterer und Vercharterer gewährleisten.
Eine Reihe von Vercharterern haben diese AGB, in denen wir bewusst auf eine rechtswidrige Bestimmung des Gerichtsstandes verzichtet haben, bereits übernommen, aber eben nicht alle.
Gerichtsstand mit diesem Präzedenzfall nun eindeutig geklärt
Durch einen konkreten Fall unterschiedlicher Rechtsauffassungen zwischen einem deutschen Charterer und einem griechischen Vercharterer wegen einer abgefallenen Schraube war zur Klärung dieses Konflikts vorerst die Frage des Zuständigen Gerichtes festzustellen.
Und so wurde, sozusagen als Nebenprodukt, dieser rechtlichen Auseinandersetzung die bisher von vielen Charterfirmen ignorierte Gerichtsstandfrage vom Bayerischen Oberlandesgericht mit wegweisender Begründung eindeutig entschieden. Wegweisend, weil sich an OLG-Entscheidungen auch andere Gerichte bei gleich gelagerten Fällen in der Praxis orientieren.

  • Was war geschehen

Der, sonst sehr bedachte Skipper Sailman (Name geändert) chartert i.d.R. bei Charterfirmen, die als AGB die „International YACHT-POOL Terms & Conditions“ anbieten. Aber in diesem Fall wollte er unbedingt das Schiff einer Firma, die dies eben nicht tat und akzeptierte nach dem Motto „wird schon gut gehen“, deren Bedingungen.
Das Problem: es ging nicht gut. Er wurde Opfer eines uns sehr gut bekannten und immer wiederkehrenden Problems. Der Skipper hatte nach einigen Tagen ohne sein Zutun die Schraube verloren.
Da ihm kein anderes Schiff zu Verfügung gestellt werden konnte, waren die restlichen Tage seines Chartertörns verloren. Dass Schrauben ohne äußere Einwirkung verloren gehen ist ein bekanntes Konfliktpotential, insbesondere, wenn dann darüber hinaus für diesen unverschuldeten Fall auch noch die Kaution einbehalten wird.
Und da über die verlorenen Chartertage mit dem Vercharterer keine Einigung erzielt werden konnte und es sich beim Skipper um einen rechtskundigen Mann handelte, wandte er sich zur Klärung seiner Forderung an das für seine Heimatgemeine zuständigen Landesgericht.
Von der Gerichtsstands Klausel im Kleingedruckten der AGB des Vercharterers ließ er sich dabei gar nicht irritieren und einschüchtern.
Der Charter-Vertrag wurde von einer deutschen Agentur an den griechischen Flottenbetreiber vermittelt. Und da ergab sich bereits die erste Irritation. Denn es war für einen Laien offensichtlich nicht von vornherein klar, wer nun eigentlich der Vertragspartner für die Charterleistung war.
Im Übrigen eine in der Praxis sehr weit verbreitete Unkenntnis. Dass nämlich für die Leistungserbringung der Vercharterer vor Ort verantwortlich ist und nicht die Agentur, die den Vertrag lediglich vermittelt hat. Die Verwirrung von Charterern entsteht dabei auch dadurch, dass er auch von der Agentur einen Vertrag bekommt und auch AGB, allerdings welche, die lediglich das Rechtsverhältnis bezüglich der Agenturtätigkeit betreffen und sich nur auf die Vermittlungstätigkeit der Agentur beschränkt.
Die Frage, die zwar nicht Gegenstand dieser Klage war, aber sich in diesem Zusammenhang allerdings für alle Agenturen stellt, ist: wie weit sie im Rahmen ihrer Beratungstätigkeit eine Hinweispflicht hat, auf die ihr bekannten „giftigen“ Klauseln der AGB (des Kleingedruckten) des von ihr vermittelten Charterbetreibers? Denn die problematischen Klauseln sind bei Insidern des Chartergeschäftes ja aus einer Reihe von Veröffentlichungen bekannt.
Da sich der Skipper über die Verantwortungsverteilung nicht sicher war, klagte er auf alle Fälle sowohl den griechischen Vercharterer als auch die deutsche Agentur als „Streitgenosse“ wegen Pflichtverletzung des Mietvertrages auf Ersatz der Chartergebühr, Unterbringungskosten etc.
Die Anwälte, die gemeinsam die beiden Beklagten (Agentur und Vercharterer) vertraten, bestritten energisch die örtliche und internationale Zuständigkeit des Gerichtes. Denn der Vercharterer hatte ja in seinen AGB klar Athen als Gerichtsstand „vereinbart“.
Das sah allerdings Rechtsanwalt Tilmann Schellhas der Kanzlei Schieder und Partner als Experte für Verbraucherrecht, aus Nürnberg völlig anders und war sich mit dem Richter absolut einig diese folgenschwere Frage der nächsten Instanz, nämlich dem Bayerischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorzulegen.

  • Das deutsche Wohnsitzgericht des Verbrauchers ist zuständig.

Mit diesem Urteil folgte das Bayerische Oberlandesgericht uneingeschränkt der Rechtsauffassung von Rechtsanwalt Schellhas, der bei Klageeinreichung auf die Regelungen des EU-Rechts und die damit gegebene Zuständigkeit des angegebenen Gerichtes am Wohnort des Skippers von vornherein verwies. Das Bayerische Oberlandesgericht erklärte den deutschen Gerichtstand des Skippers in einer 18 Seitigen sehr ausführlichen Begründung für örtlich zuständig.
Ausschlaggebend sei dabei, u.a., dass das ausländische Unternehmen Geschäfte mit dem Verbraucher am Wohnsitz des Verbrauchers tätigen wollte und zu einem Vertragsabschluss bereit war. Und das war neben allen anderen Kriterien schon allein durch die Tatsache, dass der Vercharterer durch eine Agentur in Deutschland tätig war, belegt.
Auf diese, irreführende, rechtswidrige Gerichtsstands Festlegung wurde nicht nur in meinem Buch, sondern auch in den verschiedenen Veröffentlichungen von YACHT-POOL und den verschiedenen Vorträgen vor Flottenbetreibern immer wieder warnend hingewiesen. „Aber die Worte hören sie wohl, woran es fehlte war der Glaube.“ Denn bisher war ja alles nur eine theoretische Rechtsauffassung“.
Dieses in der Praxis gefällte Urteil eines Oberlandesgerichts hat eine enorme Folgewirkung. Denn für die in Deutschland tätigen ausländischen Charterfirmen heißt dies, dass sich manche von dem Irrglauben, dass unterschiedliche Rechtsauffassungen mit dem Skipper letztlich beim vereinbarten Heimatgericht des Vercharterers geklärt werden müssen, verabschieden müssen. Und auch von der Annahme, dass dies der Skipper wegen des damit verbundenen Kostenrisikos und der zeitlichen Dimension, von Gerichtsverfahren mit denen man, insbesondere im südlichen Ausland rechnen muss, unabhängig von seinem Rechtsanspruch, unterlässt.
Ein weiterer Nebeneffekt, der sich bei dieser Auseinandersetzung ergab, war die unklare Abgrenzung der Pflichten des Vercharterers und der Agentur. Das brachte in diesem praktischen Fall die Agentur in die Gefahr durch ihren Marktauftritt, aus der „Anscheins-Haftung“ in Anspruch genommen zu werden. Denn auf alle Fälle sah sich der Anwalt des Klägers in diesem Fall veranlasst die Agentur als „Streitgenossen“ mit zu klagen.
Dieses Urteil ist mit Sicherheit ein Wendepunkt in der Durchsetzung der Rechte der Skipper, weil damit die bisher als „Rechtstheorie“ empfundene Gerichtsstandfrage mit diesem Urteil in die Praxis eindeutig bestätigt wurde. Und mit Sicherheit wird damit ein guter Teil des Konfliktpotentials, das damit begründet war, dass manche Firmen, die davon ausgingen, dass aus den bisher irrtümlich angenommen Hürden für den Skipper eine Klage unterbleiben würde, beseitigt.
Konflikte, die aufgrund dieser Annahme nicht gelöst wurden und frustrierte Skipper zurückließen, werden damit in Zukunft vermieden, zumindest minimiert. Denn weniger Vercharterer werden es nun bei unklarer Rechtslage auf eine Klage ankommen lassen. Im Übrigen zu Gunsten der Charterbetreiber, die ihr Geschäft ohnedies kundenorientiert betreiben. Denn unter frustrierten, enttäuschten Skippern, die sich in ihren Rechten beschnitten fühlen leidet letztlich das Image der ganzen Branche.

Bei diesem Urteil ging es vorerst um die Feststellung des zuständigen Gerichtes.
Es bleibt deshalb noch abzuwarten wie das Gericht in einem zweiten Verfahren in Bezug auf die entgangenen Urlaubstage und die damit zusammenhängenden zusätzlichen Kosten entscheidet. Das interessiert uns nicht nur für die deutschen Skipper, sondern auch für die österreichischen. Denn, wie es der Zufall will, läuft gegenwärtig auch in Österreich ein Verfahren, das sich im Grunde mit dem beschriebenen vergleichen lässt. Eine österreichische Charter-Agentur vermittelte einen Chartervertrag in dem eine Kautionsversicherung im Chartervertrag des griechischen Vercharterers eingeschlossen war. Allerdings war eine Deckung aus grober Fahrlässigkeit ausgeschlossen – soweit verständlich.
Kein Verständnis hatte der Skipper allerdings dafür, dass der Vercharterer über die Frage der groben Fahrlässigkeit eigenmächtig entschied und kurzer Hand € 4.000,– als Schadenersatz für einen entstandenen Schaden von seiner Kreditkarte abbuchte. Der Skipper fühlte sich einerseits versichert und sah andererseits weit und breit keinen Ansatz für eine grobe Fahrlässigkeit, sondern eher eine dreiste Willkürlichkeit des Vercharterers.
Auch hier erfolgte die Klage des Vercharterers vor dem zuständigen Bezirksgericht des Wohnsitzes des Skippers. Es ist auch in diesem Fall vorerst sowohl die Zuständigkeit des Gerichtes und in der Folge die Zuständigkeit des (österreichischen) Rechtes zu entscheiden. Nach Vorliegen der Entscheidungen werden wir über beides berichten.
Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass gemäß der Verordnung der europäischen Gemeinschaft (Nr. 44/2001 (EG)) ein Grundprinzip zu Gunsten des Verbrauchers besteht, wenn ein privater Verbraucher (privater Skipper) seine Rechte gegen ein ausländisches Unternehmen einklagen will.

Diese Begünstigung sieht vor:

  •  dass der Verbraucher die Wahl des Gerichtsstandes hat, also das Gericht seines gewöhnlichen Wohnortes wählen kann und
  • dass dann bei Verbraucherverträgen auch das Landesrecht des gewählten Gerichtsstandes anzuwenden ist.

Anders sieht es aus, wenn das Unternehmen (z.B. ausländischer Vercharterer) Klage gegen den Verbraucher (privaten Skipper) erhebt. Denn in diesem Fall besteht für das Unternehmen keine Wahlfreiheit des Gerichtsstandes.
Die Klage hat in diesem Fall beim Gericht des Verbrauchers zu erfolgen. Und damit ist auch das Landesgesetz des Verbrauchers zuständig.
Diese Regel gilt grundsätzlich nur dann, wenn das Unternehmen seine Dienste gezielt im Land des Verbrauchers anbietet, also z.B. über eine Agentur.
Die Rechtsprechung sieht diese grundsätzliche Begünstigung für „klassische“ Probleme vor und hat dafür ein eigenes vereinfachtes Europäisches Verfahren für geringfügige Streitwerte bis zu einer Höchstgrenze von € 5.000,– bei grenzüberschreitenden Verfahren erlassen. Grundsätzlich heißt in diesem Fall, dass es auch Ausnahmen gibt, wie z.B. für Beförderungsverträge.
Die Vereinfachung besteht u. a. darin, dass das Verfahren auf standardisierten Formblättern erfolgen kann, die in allen europäischen Sprachen vorliegen und keine mündliche Verhandlung zu erfolgen hat, sofern sie nicht ausdrücklich vom Gericht gefordert wird.
Auch eine Vertretung von Anwälten ist nicht zwingend vorgeschrieben, allerdings m.E. anzuraten. Denn hier bewegt man sich im internationalen Privatrecht mit vielen Ausnahmen und Ausnahmen von Ausnahmen. Die hier erfolgte Darstellung erfolgte in verkürzter Form und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

 

 

Interview zu „Meilenstein der Rechtsprechung“ mit Dr. Friedrich Schöchl

Aus Ausgabe 1/2021

Frage: Herr Schöchl. Sie gelten in der Branche nicht nur als Erfinder der Skipperhaftpflicht-Versicherung, sondern auch als Erfinder der Kautionsversicherung und Pionier weiterer spezieller Deckungskonzepte zur Risikoabsicherung der Charter-Skipper und ihrer Crews. In ihrem Buch „Die Haftung des Skippers“ haben Sie schon vor 10 Jahren im Kapitel der rechtswidrigen Klauseln auch auf die rechtlich nicht haltbare einseitige Bestimmung des Gerichtsstandes in den AGB des Großteils der Flottenbetreiber, ausführlich hingewiesen. Warum gilt dieses Urteil eines bekannten Sachverhaltes nun als Meilenstein der Rechtsprechung?

  • FS: Ja, die Härte dieses Meilensteins ist dadurch begründet, dass nun das, was bisher – soweit sich überhaupt jemand damit befasst hat – sozusagen als graue Rechtstheorie gesehen wurde, nun praktisch getestet wurde. Denn in Wahrheit hat sich ja kein Mensch bisher ernsthaft damit beschäftigt, weil diese Bestimmung ja keine praktische Bedeutung hatte, solange sie nicht in der Praxis getestet wurde. Und genau das ist nun geschehen.

Frage: Diese Regelung der Gerichtsstands-Bestimmung mit den damit zusammenhängenden Folgen, wurde europaweit bereits vor 10 Jahren eingeführt und von Ihnen schon damals veröffentlicht. Wie kann es kommen, dass davon erst jetzt praktisch Gebrauch gemacht wurde?

  • FS: Weil viel zu wenige mein Buch lesen – nein, das ist ein Scherz. Aber richtig ist, dass darüber tatsächlich weit verbreitetes Unwissen bei allen Beteiligten herrscht.
    Und das war auch immer der Grund warum im Konfliktfall die Betroffenen auf die Wahrnehmung ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Rechte verzichteten. Denn sie scheuten die Kosten, den Zeitaufwand und das ungewisse Ergebnis der Beurteilung des ausländischen Gerichtes. Was alles nachvollziehbar ist, bei „größeren“ Streitwerten. (Wobei es bei den größeren Streitwerten i.d.R. um Haftpflichtfragen geht, die vielfach auf Kosten der Skipperhaftpflicht-Versicherung geklärt werden.)
    Aber eben nicht für Streitwerten unter € 5 000,–. Denn dafür hat die EU ein vereinfachtes Verfahren geschaffen, das dem Verbraucher dieses Risiko abnimmt. Und genau in diesem Bereich, wo es i.d.R. um die Kaution geht, kommt es natürlich auch am häufigsten zu unterschiedlichen Rechtsauffassungen zwischen Flottenbetreibern und Charterern.

Frage: Wie häufig kommt es zu Streitigkeiten mit Flottenbetreibern wegen Beschädigungen der Schiffe?

  • FS: Relativ häufig, relativ ist hier aber zu erwähnen, weil man die Zahl der Auseinandersetzung ja immer auch auf die Gesamtzahl der Charterverträge beziehen muss. Aber für jeden Einzelnen, der sich in seinen Rechten beschnitten fühlt können sich die schönsten Tage des Jahres deshalb schnell in ein Frusterlebnis verwandeln.
        Nicht jeder Skipper, der sich im Recht glaubt muss auch immer in Recht sein. Aber gerade deshalb ist es für alle Beteiligten wichtig, dass unterschiedliche Rechtsauffassungen objektiv geklärt werden. Und zwar von einem Gericht, das das Vertrauen des Schwächeren (hier der private Skipper) hat.

Frage: Sie haben „privater“ Skipper gesagt. Gilt das vereinfachte Verfahren nicht, wenn z.B. mein Verlag, oder eine Segelschule, oder eine Firma, die ein Schiff zu Teambuilding-Zwecken chartert.

  • FS: Nach meinem Rechtsverständnis gilt dieses vereinfachte Verfahren in diesem Fall nicht, denn es handelt sich hier nicht um eine Privatperson im Sinne eines Verbrauchers.

Frage: Wieso kommt es überhaupt immer wieder zu Auseinandersetzungen? Ist der Skipper nicht sowieso immer für alle Schäden, die währen seiner Charter am Schiff entstehen, verantwortlich? Um das eindeutig zu klären steht deshalb ja auch häufig in den AGB der Flottenbetreiber, zumindest sinngemäß: „Das Schiff ist in dem Zustand zurückzugeben, in dem es übernommen wurde.“

  • FS: Dass das die ziemlich einhellige Meinung der Flottenbetreiber ist, ist richtig, – aber falsch. Denn nach dem BGB haftet der Skipper nur für die Schäden, die er schuldhaft verursacht hat. Und deshalb ist auch die Gerichtsstandbestimmung und das damit verbundene Recht für den Skipper so wichtig.
    Aber zur Klarstellung muss im Sinne von „relativ“ auch gesagt werden, dass es gerade in Bezug auf den Einbehalt von Kautionen aus unserer Erfahrung aus tausenden von Kautionsschäden, die wir all die Jahre regulierten, solche und solche Firmen gibt. Immer wieder werden wir von unseren Kunden deshalb auch gefragt: „Gibt es nicht eine schwarze Liste“. Haben wir schon, können wir aber nicht veröffentlichen, um einen Tsunami von Klagen zu vermeiden.
    Mit der Zunahme des Wettbewerbs der letzten Jahre, haben wir auch eine Zunahme zweifelhafter und auch klar widerrechtlicher Einbehalte hinterlegter Kautionen bei manchen Flottenbetreibern feststellen müssen. Das war im Übrigen mit ein Grund, warum wir, so zu sagen als „Weiße Liste“ unser Qualitäts-Siegel „Checked & Trusted“ einführten, das nicht nur die wirtschaftlichen Verhältnisse der Flottenbetreiber auf Grund jährlich eingereichter Bilanzzahlen beurteilt, sondern auch das allgemeine Geschäftsgebaren, wozu auch das Kautionsverhalten gehört.
    Aber mitunter kommt es auch aus schlichtem Unverständnis der tatsächlichen Rechtslage zu „gut gemeinten“ rechtswidrigen Einbehalten. So erklärte mir ein von seinem Recht überzeugter Flottenbetreiber, dass ihm das mit der Schuldhaftigkeit schon klar sei. Denn der Skipper sei für den Blitzeinschlag in Mali Login eben schuld, denn wäre er nicht von Biograd nach Mali Login gesegelt, dann hätte ihn dort auch der Blitz nicht getroffen.

Frage: Werden die Charterfirmen das Urteil überhaupt mitbekommen und realisieren, was es für sie bedeutet?

  • FS: Ja, das glaube ich schon. Es wird allerdings nur für diejenigen eine Änderung ihres Verhaltens bedeuten, die in der ungerechtfertigten Einbehaltung von Kautionen eine zusätzliche Ertragssteigerung sahen oder für die, die sich mit den rechtlichen Regeln bisher nicht entsprechend auseinandersetzten.
    Für die Branche insgesamt bedeutet es auf alle Fälle einen Image Gewinn, wenn es weniger Skipper gibt, die sich subjektiv ungerecht abgezockt fühlen und dies in ihren Clubs erzählen. Denn rechtliche Klärungen durch das vereinfachte Verfahren werden zu mehr Objektivität führen und auf alle Fälle, bewusste Rechtsverstöße verringern.