Wie lange noch, Lacus Fertö?

Die Frage ist berechtigt, es schaut trist aus zu Saisonbeginn 2023 an unserem Neusiedler See.

Wer schon länger hier segelt, hat immer wieder „Höhen“ und „Tiefen“ erlebt, manchmal war es auch grenzwertig, aber nie dachte man ans Aufgeben. „Das wird schon wieder“– haben wir uns gesagt – und es wurde auch wieder.

Wenn man sich aber die folgenden am 3. April 2023 aufgenommenen Bilder aus Breitenbrunn, Weiden und Podersdorf ansieht, kann man sich nicht vorstellen, dass es „eh wieder wird“. Die Bilder zeigen eine katastrophale Situation, wobei kräftiger NW-Wind das Drama zusätzlich verstärkt.

An eine Klima-Änderung, die wieder mehr Niederschläge bringt und damit den See wieder füllt und auch den dringend nötigen Grundwasserspiegel ansteigen lässt, glauben nur blauäugige Realitätsverweigerer.

Zur quantitativen Erläuterung der Größenordnungen:

  • Der See hat (mit dem Schilfgürtel) eine Fläche von 320 km².
  • Der landesweite Jahresniederschlag/m² im Burgenland betrug im Jahr 2020 (da war die Welt noch halbwegs heil!) ca. 700 mm/m², d.h. als Mittelwert an ~350 Tagen ~ 2 mm/m²/Tag.
  • Will man den Wasserstand um 100 mm erhöhen, benötigt man daher ~50 mittlere Niederschlagstage gleichverteilt auf den gesamten 320 km².
  • Dies ist natürlich eine grobe Überschlagsrechnung und berücksichtigt nicht die mittlere Verdunstung/Jahr sowie Zugänge durch die Wulka, macht aber plausibel, dass es da nicht mit ein paar Regenschauern getan ist.

Man fragt sich:

  • Was geschieht mit den vielen unbenutzbaren Booten, die Großteiles im Winterlager schlummern und dort wohl auch bis auf weiteres verbleiben müssen? Ausweichen auf andere Gewässer ist mangels verfügbarer Liegeplätze schwierig, verkaufen ist derzeit fast unmöglich.
  • Was wird aus Boots-Wartungs- und Handelsfirmen, aus Segelschulen und Yachtclubs?
  • Was macht die Berufsschifffahrt, der Fährbetrieb, die Berufsfischer?
  • Was geschieht mit den Pfahlbauten und Bungalows am See, deren Besitzer von der Terrasse in den Schlamm steigen? Pfahlbauten sind einsturzgefährdet, da Trockenheit die alten Holzpfähle verfaulen lässt.
  • Wie wird sich der Tourismus in der Region erhalten können?
  • Kann man wirklich erwarten, dass Touristen aus ganz Europa ins Naturjuwel und Bade- und Freizeitparadies Neusiedler See strömen und die monumentalen und protzigen Hotel- und Gastronomie-Bauten stürmen, die derzeit an mehreren Orten entstehen. Es ist auch fraglich ob der See als Vogelschutzgebiet erhalten bleibt.

Nicht zuletzt hat die fehlende Wasserfläche des Sees Auswirkungen auf das lokale Mikroklima, was sich auch auf die Landwirtschaft und den Weinbau in der Umgebung des Sees auswirken wird.

Wenn sich die Politik nach langem Prüfen und vielen Diskussionen zu einer Lösung mit Zuleitung von Wasser aus der Donau durchringen sollte, wird es trotzdem Jahre dauern, bis ein im Übrigen keineswegs gesicherter Erfolg überhaupt sichtbar wird.

Adios, Lacus Fertö!
Fritz Kalteis

Die Niederschläge haben zwar eine kleine Verbesserung gebracht,

aber der derzeitige Wasserstand liegt immer noch unter dem vom Vorjahr!

Nach den Niederschlägen der vergangenen Wochen herrscht in der Region rund um den See großes Aufatmen. Seit Mitte April hat der Neusiedler See um rund 18 Zentimeter mehr Wasser. Der gestiegene Wasserstand sei ein wichtiger Polster für die Sommermonate, sagte Christian Sailer von der Task Force Neusiedler See. „Das hat jetzt einen großen Vorteil gebracht, weil wir einen Wasserstand haben, der annähernd auf der Höhe ist wie zur gleichen Zeit im vorigen Jahr. Wir starten also nicht mit diesen schlechten Wasserständen, die im April vorgeherrscht haben“, so Sailer.

Bilder vom Jänner 2023

aufgenommen in Weiden am See

Bilder vom 3. April 2023