Der Mut, das Richtige zu tun
Mit diesem Beitrag beende ich meine Kolumne und verabschiede mich von den Lesern der Yacht Info.
In meinen Artikeln habe ich mich mit dem Meer beschäftigt: Als Sehnsuchtsort aber auch als gefährlichen Platz. Beides ist wahrscheinlich der Grund, warum es so starke Emotionen auslöst. Es zieht Menschen fast magisch an, schreckt sie aber auch ab. So gibt es Fischer, die absolut nicht verstehen können, warum man das Meer ohne zwingenden Grund befährt und Menschen, welche in der Seefahrt ihre Erfüllung finden.
- Dennoch: Das Meer ist auch ein gefährlicher Ort.
Mit meinen Beiträgen wollte ich Verständnis wecken, das zu bedenken, wenn man Verantwortung für ein Schiff übernimmt. Der Mut, die richtigen Entscheidungen zur rechten Zeit zu treffen, ist neben dem fachlichen Können die wohl wichtigste Voraussetzung dafür. Deshalb halte ich diesen Gedanken für einen guten Schlusspunkt für meine Kolumne.
Was hilft es, wenn man zwar weiß, was zu tun wäre aber angesichts der Konsequenzen zögert, es auch tatsächlich zu tun. Im Sport – auch im Freizeitsport – kann z.B. die Entscheidung, ein sich vorgenommenes Ziel aufzugeben bedeuten, dass ein Traum platzt. Das kann ein Gipfel- oder Regattasieg sein aber auch die Erfüllung eines wichtigen Wunsches.
Erschwert werden solche Entscheidungen oft dadurch, dass zum Zeitpunkt, wo sie getroffen werden müssen nicht sicher ist, ob sie wirklich notwendig sind. Dazu kommen Grundsätze, deren Einhaltung uns von Kind auf als wichtig beigebracht werden: Nicht aufgeben, durchhalten, an einmal getroffenen Entscheidungen festhalten, Herausforderungen annehmen etc.
Wie geht man damit um?
Als Beispiel möchte ich eine Merkregel nehmen, die oft für den Zeitpunkt des Reffens der Segel genannt wird: „Tu es, wenn du das erste Mal daran denkst.“ Das führt zu der Frage, wie es zu solchen Gedanken kommt. Erfahrung! Die Forschung hat herausgefunden, dass dabei Erfahrung eine wesentliche Rolle spielt. Sie liefert die Erinnerungen, die unser Gehirn befähigen, dass wir Situationen einschätzen und schlussendlich richtig reagieren können. Allerdings braucht der Rat der Erfahrung rationale Überprüfung.
- Bleiben wir beim Reffbeispiel:
Wer Erfahrungen auf Einrumpfbooten auf einen Katamaran überträgt, wird wahrscheinlich zu spät reffen, wenn er sich allein auf sein Gefühl (= seine Erfahrungen) verlässt. Man muss also den „Erfahrungsrat“ überprüfen. Das heißt, sein Wissen nützen, wie das mit dem Wind so ist und sich auch an den Reffhinweisen des Herstellers orientieren. Das hilft, eine Fehlentscheidung zu vermeiden und ermöglicht, neue Erfahrungen zu sammeln.
- Aber zurück zum eigentlichen Thema:
Das eingangs geschilderte Entscheidungsdilemma wird man dann leichter lösen, wenn man nach Abwägung der Möglichkeiten zur Meinung kommt: „Ich kann mich irren. Wenn aber nicht, dann müssen wir jetzt handeln.“ Voraussetzung dafür sind Wissen und Erfahrung. Das bedeutet, dass man alle zugänglichen Informationen als Entscheidungshilfen nützt, letztlich aber aufgrund seiner Erfahrung entscheidet. Allerdings gilt es, dabei Wunschdenken zu vermeiden. Dazu muss die Überzeugung kommen, dass ein möglicher Irrtum kein Grund sein darf, ein vielleicht zu hohes Risiko einzugehen.
Mut
Für Entscheidungen braucht es somit den Mut, sie auch trotz der sich daraus ergebenden Konsequenzen zu treffen. Das in seinen Augen Richtige zu tun: Im Leben ist es wichtig; in der Seefahrt ist es eine Notwendigkeit. Das umfasst nicht nur punktuelle Entscheidungen, sondern bedeutet ein grundsätzliches Verhalten: Über allem steht die Sicherheit von Schiff und Mannschaft.
Das zu gewährleisten wird als „gute Seemannschaft“ beschrieben, ist aber auch Sinn eines der wichtigsten internationalen Schifffahrtsübereinkommen: SOLAS *).
Obwohl die UN-Konvention nur teilweise auch für die Freizeitschifffahrt gilt und Seemannschaft überhaupt nicht im Sinn einer Rechtsnorm definiert ist, bedeutet das nicht, dass beides für Schiffsführer von Freizeityachten belanglos ist.
Passiert etwas, müssen sich alle Schiffsführer bewusst sein, dass ihre Entscheidungen danach beurteilt werden, ob sie sachlich richtig waren. Sie können sich nicht mit mangelndem Wissen und Erfahrung oder ungenügender Ausbildung rechtfertigen.
Abschließend danke ich allen, die meine Kolumne lesenswert gefunden haben aber auch allen, die in Gesprächen, Vorträgen oder durch ihre Publikationen zu deren Inhalten beigetragen haben.
Günther Selzer
*) International Convention for the Safety of Life at Sea, 1974 (Internationales Übereinkommen von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See). Eine UN-Konvention zur Schiffssicherheit.
Profiskipper
An sich war es eine tolle Geschäftsidee: Um die Erhaltungskosten einer Yacht zu senken, vermietet man sie in der Zeit, wo man sie selbst nicht nutzt. Der Mieter verpflichtet sich, die Yacht so zurückzugeben, wie er sie übernommen hat und führt sie, als wäre er der Eigner.
Diese Idee hat sich zu einem weltumspannenden Angebot entwickelt: Yachtcharter.
Um auch Menschen einen Bootsurlaub zu ermöglichen, die nicht in der Lage sind, die Yacht selbst zu führen, werden Seetörns heute auch mit Skipper und auch kompletter professioneller Besatzung angeboten.
Das ist der Moment, wo wir von professionellen Törns und damit auch von professionellen Skippern sprechen. Sind die angebotenen Yachten nicht länger als 24 m und für maximal 12 Personen exklusive Besatzung zugelassen, handelt es sich um Freizeityachten. Für deren Besatzung gibt es abgesehen von nationalen Vorschriften für Befähigungsnachweise des Skippers keine Ausbildungsvorschriften, wie für die Berufsschifffahrt.
Nutzer von Törnangeboten müssen also glauben, dass der Skipper bzw. die Mannschaft können, was sie tun.
Was aber sollten das für Fähigkeiten sein?
Voraussetzung sind zweifellos ausreichende nautische Kenntnisse und Erfahrungen. Die sagen aber nur etwas über die Befähigung zur Schiffsführung aus. Das allein reicht zwar immer aus, einen unproblematischen Törn durchzuführen, sagt aber nichts über die Fähigkeit, mit schwierigen Situationen und den Törnteilnehmern richtig umzugehen. Insbesondere dann nicht, wenn diese psychisch überfordert sind oder es zu zwischenmenschlichen Konflikten kommt.
- Urlaubstörns
Gar nicht so selten, werden Urlaubstörns fachlich abqualifiziert: Badetörns, Camping auf dem Wasser sind die gängigsten Bezeichnungen. Warum ist das so? Um mir lange Abhandlungen zu sparen, versuche ich es mit einer gedanklichen Abkürzung:
Bei einem Ausbildungs- oder Trainingstörn oder in schwierigen Revieren, wird das fachliche Können des Skippers sichtbar. Bei einem Urlaubstörn geht es darum, schwierige Situationen möglichst zu vermeiden. Ein Beispiel: Flugpassagiere etwa wollen Piloten, die dafür ausgebildet und trainiert sind, sie ruhig und sicher ans Ziel zu bringen. Ein Kampfpilot, der ihnen die Leistungsgrenzen des Jets vorführt, wäre dafür wohl nicht so gut geeignet. Dennoch trainieren auch die Piloten von Passagierflugzeugen den Umgang und die Beherrschung von Notsituationen.
Spinnen wir den Gedanken weiter:
Hauptaufgabe jedes Skippers ist es, Schiff und Mannschaft heil ans Ziel zu bringen. Um das zu können, müssen auch Skipper von Urlaubstörns mit Extremsituationen umgehen können.
Zusätzlich muss der Skipper auch die Vorstellungen und Erwartungen der Teilnehmer im Rahmen des Möglichen erfüllen. Das ist leichter, wenn diese sich aus dem Törnthema (etwa Ausbildung, bestimmtes Training etc.) ergeben.
Skipper von Urlaubstörns müssen damit rechnen, dass nicht alle Törnteilnehmer wussten, worauf sie sich tatsächlich einlassen. Ihre Buchungsentscheidung beruht nicht selten auf unrealistischen Vorstellungen und Erwartungen. Die Konfrontation mit der Wirklichkeit kann zu Problemen führen, welche die gesamte Palette menschlicher Gefühle und der damit verbundenen Reaktionen umfasst.
Das zu erkennen und richtig damit umzugehen, erfordert besondere Kenntnisse.
Worauf ich hinaus will: Bestimmte Törnarten erfordern Spezialkenntnisse. Diese sind zwar zum Teil inhaltlich unterschiedlich, grundsätzlich, aber gleichwertig. Bezahlen die Teilnehmer den Skipper oder zusätzliche Hilfskräfte, haben sie Anspruch darauf, dass diese Leistung professionell – also sachkundig – erbracht wird.
- Wissen statt glauben
Stellt sich die Frage, wie man den eingangs erwähnten Glaubens an diese Kompetenz durch Wissen ersetzen könnte.
Ein geeignetes Instrument wäre ein staatlich überprüftes Qualitätszertifikat. Im Idealfall ein internationaler Standard. Das könnte etwa ein Lehrgang sein, dessen Abschluss zur Führung gewerblich genutzter Freizeityachten (1) und zur Durchführung von professionellen Seetörns auf diesen berechtigt. Zugangsvoraussetzung könnte das „International Certificate for Operators of Pleasure Craft“ (IC) – etwa ab FB 3 – sein. Der Lehrgang könnte aus einem Basisteil und aufgabenbezogenen Spezialkenntnissen bestehen. Etwa für Ausbildung, besondere Trainings, Yachtreisen etc.
Wie auch das IC müsste diese Berechtigung nicht staatlich vorgeschrieben sein. Eine Anerkennung würde genügen. Es wäre eine win-win Situation für alle.
Günther Selzer
(1) In Österreich wäre das eine gute Grundlage, die rechtlichen Probleme der Veranstaltung von Törns mit Skipper oder professioneller Besatzung zu lösen.
Geschichten, die das Seglerleben schrieb.
„Aber einen Großen, bitte“!
Drei Winter verbrachte mein Schiff im Real Club Nautico von Valencia. Jedes Mal im Frühjahr erweckte ich es aus seinem Dornröschenschlaf und begann ihm als Erstes den schwarzen Sott aus Spaniens Fabrikschornsteinen vom Deck zu bürsten. Das war nicht nur eine mühselige und eintönige sondern auch eine überaus unerfreuliche Tätigkeit. Ich konnte mich nur damit trösten, dass es all den anderen, die ringsum schrubbend, malend und polierend ihre Boote verwöhnten, nicht viel besser erging. Am Nachmittag verflachte der Arbeitseifer zusehends. Keiner ließ mehr die Tür zur Bar aus den Augen, um ja den nicht zu übersehen, der an diesem Tag als Erster seine guten Vorsätze über Bord warf. Wer immer dies auch war, er brauchte sich nie davor zu fürchten, am Tresen zu vereinsamen. Als unser Kenntnisse der spanischen Sprache noch bescheiden waren, hatten wir es gerade mal gewagt, einen dem italienischen Espresso ähnlichen „Café solo“ zu bestellen. Mit der Zeit wurden wir kühner und schließlich passten wir unsere Gewohnheiten ganz den spanischen an. Zum Kultgetränk erkoren wir einen Kaffee, der so stark war, dass der Löffel auch ohne Zucker darin hätte stehen können. Serviert wurde er in einem Glas, das mit diesem Konzentrat nur halb gefüllt war. So blieb genügend Freiraum, um den Kaffee mit einem „Soberano“ oder Cien y tres“, zwei zum Trinken viel zu aromatischen, zum Mischen aber idealen spanischen „Cognacs“, zu verdünnen. In Restaurants wurde dieser „Café con Cognac“, gerne nach einem Mahl genommen, in den Bars wurde er zu jeder Tages- und Nachtzeit als „Carajillo“ bestellt. Unter diesem Namen war das Gebräu auch uns bekannt. Es wurde heiß geliebt und so viel getrunken, dass bei manchem schon vor dem Abendtrunk die Pinselstriche unregelmäßig zu werden begannen. Leider hatte er neben seinen unbestreitbaren geschmacklichen Vorteilen auch den Nachteil, in viel zu kleinen Gläschen serviert zu werden. Ein Manko, das eines schönen Nachmittags eine Seglerin deutscher Zunge dazu bewog, jenem Kellner, bei dem sie eben ihren „Carajillo“ bestellt hatte, nachzurufen: „Pero und grande, por favor“! Diese Formulierung war grammatikalisch nicht ganz richtig aber auch nicht so falsch, dass der „Camarero“ deshalb in vollem Laufe innehalten, ein Marinero sich an seinem Bocadillo verschlucken und seine Kollegen in schmutziges Gelächter ausbrechen hätten müssen. Es ist noch nicht so lange her, da war es für eine sittsame Spanierin undenkbar, einen solch verruchten Ort wie eine Bar aufzusuchen oder sich dort gar an den Tresen zu stellen. So blieben Spaniens Machos unter sich und konnten ungestört ihrer Lieblingsbeschäftigung frönen, Alltägliches mit Begriffen aus der Sexual- oder Genitalsphäre zu belegen. Auch dieser bei ihnen sehr beliebte Kaffee mit Cognac war so zu seinem Namen gekommen. Er hätte sogar das gewisse Etwas gehabt, um als „Carajo“ und damit als des Machos bestes Stück bezeichnet zu werden, weil er aber immer nur in kleinen Gläsern serviert wurde, musste er sich damit begnügen, verniedlicht und für alle Zeiten zum „kleinen Schwanz“ degradiert zu werden. Dieses Detail spanischer Machogeschichte dürfte unserer Seglerin nicht bekannt gewesen sein. Deshalb suchte sie den Grund für den allgemeinen Frohsinn auch nicht bei sich und schon gar nicht in ihrem Wunsch, vom Kellner nicht mit einem kleinen sondern einem großen Schwanz verwöhnt zu werden. Gewundert mag sie sich ja haben, dass von nun an die Marineros, jedes Mal, wenn sie in die Bar kam, im Chor skandierten: „Un carajo para la senora, por favor“!
Carl Victor
Die Sache mit der Kuh
Im Februar dieses Jahres sorgte das Ereignis für Schlagzeilen.
Nachdem eine seiner Kühe eine Urlauberin attackiert und tödlich verletzt hatte, verurteilte ein Gericht in erster Instanz einen Stubaier Bauen zu einer sehr hohen Schadenersatzzahlung.
Grund: Zäune hätte er die Attacke verhindern können. Der Bauer hatte lediglich eine Warntafel aufgestellt. Dazu muss man sagen: Das Gericht hat das Urteil angeblich sehr ausführlich begründet. Mir geht es nicht darum, das Urteil zu bewerten – das werden wohl die Berufungsrichter tun – sondern um Fragen der Bezüge zur Freizeitschifffahrt in ihrer touristischen Ausprägung.
Die Frage des Verschuldens
Die Urbanisierung in Verbindung mit voranschreitender Technisierung und Digitalisierung haben dazu geführt, dass wir mehr und mehr den Bezug zur Natur verlieren. Das gilt nicht nur für den alpinen Bereich, sondern auch für die See. Dort bewirken vor allem die jetzt verfügbaren Informationssysteme; dass wir vergessen, was sie immer noch sind: Hilfsinstrumente, welche die eigene Einschätzung nicht ersetzen. Ähnliches gilt auch für das alpine Wegekennzeichnungssystem.
Leider scheint das Bemühen anderer um unsere Sicherheit dazu beizutragen, dass unsere Bereitschaft abnimmt, auch selbst dafür zu sorgen und Verantwortung für unser Handeln zu übernehmen. Passiert etwas, wird nach Schuldigen gesucht.
Zumeist ist die Frage: Wurde wirklich alles getan, um die Sicherheit der Nutzer der Urlaubsangebote zu gewährleisten und welches Maß an Eigenverantwortung kann man von den Urlaubern erwarten?
Der Bezug zur Freizeitschifffahrt.
Auf See sind es meist menschliche Fehler, die zu einem Unglück führen. Deren Auslöser ist oft genug die See selbst.
Skipper müssen sich bewusst sein, dass sie bei einem Unfall immer mit der Frage konfrontiert werden, ob sie das Unglück verhindern hätten können.
Das eingangs erwähnte Urteil ist ein Beispiel, wie streng der Maßstab dafür sein kann.
Ich denke, dass jeder Skipper gut beraten ist, sich nicht nur auf allgemeine Sicherheitseinweisungen zu beschränken und die Törnteilnehmer auf ihre Eigenverantwortung hinzuweisen, sondern sie darüber informieren sollte, wie sie sich selbst konkret schützen können. Vor allem aber darauf zu achten, dass sie das auch tatsächlich tun.
Der Skipper muss erkennen, durch welche Maßnahmen er Gefahren vermeiden oder verringern kann. Dazu braucht es Erfahrung.
Eine Möglichkeit, das Skipperrisiko zu vermeiden ist, einen professionellen, revierkundigen Skipper zu engagieren. Ich kenne einige sehr erfahrene Skipper, die das tun, um einmal auch selbst einen unbeschwerten Segelurlaub genießen zu können. Mit dem Thema Professionalität beschäftige ich mich in meiner nächsten Kolumne.
X Die Reaktion auf das zitierte Urteil zeigt jedoch auch noch einen anderen Aspekt:
Beschränkungen als Schutzmaßnahme!
Nehmen wir wieder die Sache mit der Kuh als Beispiel:
Auf die damalige Drohung der Bauern, die Almen zu sperren, reagierte die Politik sofort:
„Wer die Alm als Gast – als Wanderer etwa – nutzt, soll nicht mehr aus der Eigenverantwortung entlassen werden“.
Das lässt sich auf die Freizeitschifffahrt umlegen.
Dort ist die Eigenverantwortung durch die Skipperverantwortung festgelegt. Wie in Charterverträgen und auch Vorschriften mancher Küstenstaaten vorgesehen, erfordert das aber auch die Kontrolle, ob der Schiffsführer überhaupt in der Lage ist, diese Verantwortung wahrzunehmen. Kommt der Vercharterer dieser Verpflichtung nicht nach, stellt sich die Frage nach seiner Verantwortung. Schraubt er die Ansprüche an die Fähigkeiten der Skipper herunter, muss er sich überlegen, wie er auch das Risiko seiner Kunden begrenzen kann.
Was aber kann er tun, um seine Kunden zu schützen?
Abgesehen von seetüchtigen Schiffen, korrekter Beratung schon vor der Buchung und Revierinformation, könnte er Beschränkungen erlassen. So etwas gibt es schon.
Die verbreiteste sind Nachtsegelverbote. Auch Abgrenzungen des Reviers finden sich bereits in Charterverträgen. Eine zusätzlich angebotene Hilfeleistung in Notfällen setzt Einschränkungen ebenfalls voraus. Was auf der Alm Zäune sind, wären dann Reviergrenzen oder andere Beschränkungen.
Je geringer die angenommenen Kenntnisse und Erfahrungen des Skippers, je restriktiver werden solche Auflagen ausfallen müssen. Die wahrscheinliche Konsequenz: Die im Geschäftsinteresse erfolgende Vercharterung auch an Skipper mit ungenügender Befähigung, könnte sich ins Gegenteil verkehren, weil qualifizierte Kunden sich eingeengt fühlen. Wäre es da nicht auch aus wirtschaftlichen Überlegungen sinnvoller, mehr auf die Befähigung und Erfahrung der Skipper zu achten und wäre es nicht im Interesse beider Seiten, ein verantwortungsvolles Miteinander anzustreben?
Günther Selzer
Entdecker sein!
In meiner vergangenen Kolumne war von Entdeckungen die Rede. Meist verbinden wir mit diesem Begriff die großen Entdeckungen. Jene, die Geschichte schrieben. Viele davon haben wir Seefahrern zu verdanken. In dieser Kolumne geht es mir um Entdeckungen, die jedem möglich sind. Ganz besonders im Rahmen eines Seetörns.
Auch sie können zur Geschichte werden. Zur persönlichen. Viele Autoren dieser Zeitschrift erzählen sie. Vermutlich sind sie ein wichtiger Grund, die „Yacht Info“ zu lesen. Ein Seetörn als Entdeckungsreise.
Dafür gibt es zwei Ansätze:
Etwas erreichen oder kennenlernen wollen oder aber dem Zufall Raum zu geben.
Man kann auch beides kombinieren.
Viele Handlungsmotive in unserer Gesellschaft werden durch Ziele bestimmt.
Meist verstehen wir darunter punktuelle Ziele. Grund: Sie sind unmittelbar messbar und können daher leicht überprüft werden. Es gibt aber auch Qualitätsziele: In der Wirtschaft sind das etwa Kompetenzziele, Fortbildungsziele, ökologische– oder Nachhaltigkeitsziele. Umgelegt auf die Sportschifffahrt wären punktuelle Ziele ein Regattasieg, das plangemäße Erreichen eines bestimmten Hafens oder die Abarbeitung eines Törnplans.
Was aber könnte die Alternative dazu sein?
Mein Vorschlag: Der Gewinn an persönlichen Erkenntnissen und Erfahrungen. Die Möglichkeiten dazu sind nahezu unbegrenzt. Es sei denn, man setzt sich selbst Grenzen, indem man Räume wieder durch Punkte ersetzt.
Oft verleitet der zeitliche Rahmen eines Törns, sich vorhandene Freiräume durch Fixierung auf das zeitliche Törnende zu nehmen. Tatsächlich bietet auch der engste Zeitrahmen immer Raum, punktuelle Ziele durch offene (weiche) zu ersetzen oder mit solchen zu ergänzen. Selbstverständlich begrenzen nautische Überlegungen Wünsche und Wollen.
Lässt man in der konkreten Törnplanung aber Raum, bieten selbst kleine Reviere die Möglichkeit für Entdeckungen. Nicht alle möglichen Ankerplätze sind in den Handbüchern verzeichnet! Warum sich also nicht auf seine eigene Einschätzung verlassen und überprüfen, ob etwas, das wie eine sichere Ankerbucht aussieht, auch tatsächlich eine ist.
Mit Ankerplatz meine ich keine Badebucht, sondern einen sicheren Platz auch für eine Übernachtung! Haben Sie Mut und trauen Sie sich etwas zu. Wenn Sie bei Ihrem Tauglichkeitscheck berücksichtigen, was Sie in Ihrer Ausbildung und durch Ihre Erfahrung gelernt haben, werden Sie die richtige Entscheidung treffen. Dann haben Sie wirklich etwas entdeckt.
Vor allem aber haben Sie auch eine Erkenntnis gewonnen:
Sie können Ihrem Urteil vertrauen! Es ist die wichtigste Entdeckung, die Sie für sich als Schiffsführer oder Schiffsführerin machen können. Schließlich kann Sie die Natur zwingen, genau das tun zu müssen.
Abschließen möchte ich aber mit den Entdeckungen, die nur erfordern, sich mit dem Revier zu beschäftigen, in dem man unterwegs sein will oder ein solches zu finden.
Außereuropäische Reviere können viel zum Verständnis von deren Geschichte und Kultur beitragen. Bloß darf man nicht überrascht sein, dabei auch auf Zeugen der dunklen Seiten der europäischen Geschichte zu treffen. Plant man einen Törn unter dem Entdeckungsgesichtspunkt, bekommt auch die Planung eine neue Dimension. Das gilt für Törns auf eigenem Kiel genauso wie für Chartertörns.
Es geht um mehr als nautische Fragen.
Und es geht darum, die Chance zu nutzen, die ein individueller Törn im Gegensatz zu Landreisen aber auch zu fremdveranstalteten Segelreisen oder Kreuzfahrten bietet: Es gibt nicht viel, was den „Strich auf der Seekarte“ oder die Kurseingabe in den Kartenplotter begrenzt. Wenn Sie sich für die Besonderheiten eines Reviers interessieren, erhalten auch Besuche von Bootsmessen eine zusätzliche Dimension. Fragen Sie nicht nur nach Angeboten, sondern auch nach den Besonderheiten der Reviere. Häufig leben ihre Gesprächspartner ja dort oder kennen das Revier sehr gut.
Spüren Sie Ihren Wünschen nach, lassen Sie Ihre Neugier zu und geben Sie dadurch sich selbst Raum. Mehr als dass Ihre Vorstellungen nicht in Erfüllung gehen, kann nicht passieren. Oft ist es das Unerwartete, das unser Leben bereichert, manchmal sogar verändert.
Günther Selzer
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- Die Baier am Steinhof
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- Feuer entsteht aus Funken - Lassen Sie´s knistern!
von Katharina Baier
- Feuer entsteht aus Funken - Lassen Sie´s knistern!
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- Auf den Hund gekommen
von Katharina Baier - Geschichten die das Seglerleben schrieb: Poor Guys!
von Carl Victor
- Auf den Hund gekommen
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- Du kannst mich mal - der wochendliche Kulturschock
von Katharina Baier
- Du kannst mich mal - der wochendliche Kulturschock